Freitag, 20. Februar 2015

Time to say Good Bye

Hong Kong. Auf den ersten Blick scheint es ausschließlich aus Wolkenkratzern zu bestehen, die wie Pilze aus dem Boden schießen, einer höher als der andere. Beengend, einschüchternd, unwirklich. Adjektive, die mir zuallererst durch den Kopf schießen. Gefolgt von dem Gedanken, dass ich nicht wirklich länger bleiben möchte als nötig. Denn so beeindruckend die Skyline von Hong Kong auch dreinschauen mag, so unwohl habe ich mich an einem Ort selten gefühlt. 
Als ich aus dem Bus steige, bin ich sogleich umgeben von stickiger Luft, Großstadtlärm und unglaublichen Menschenmassen, die sich in einem schier endlosen Strom durch die schmalen Straßen schieben. Ich selbst bin mitten unter ihnen. Mit einem riesigen Koffer und nicht der leisesten Ahnung wo ich hin muss. Mit etwas Glück stoße ich nach dreißigminütigem verwirrten Herumgelaufe auf eine freundliche junge Dame, die nicht nur mein Hostel per Handy anruft sondern mich auch noch persönlich dorthin bringt. 
Nach einem solchen Start ist es mehr als schwierig, den miesen ersten Eindruck in irgendeiner Form wieder auszugleichen. Aber da ich bisher nur Menschen getroffen habe, die stets begeistert von Hong Kong erzählen, bin ich fest entschlossen, dieser Stadt noch eine zweite Chance zu geben. Nach einer ordentlichen Mütze voll Schlaf bewaffne ich mich mit Reiseführer und Stadtplan. Ich bin bereit loszuziehen und mich von Hong Kong's Schönheit überzeugen zu lassen! Zehn Tage später kann ich immer noch nicht gänzlich nachvollziehen, warum man Hong Kong sooo unheimlich toll finden kann. Allerdings muss ich ganz ehrlich zugeben, dass es durchaus einige hübsche Ecken zu entdecken gibt.
Beispielsweise ist der Ausblick vom Victoria Peak einfach atemberaubend! Nicht länger umgeben von den bedrohlich aufragenden Hochhäusern und fernab vom Gewusel in den Straßen werden Eingeengtheit und Unwohlsein schnell von positiveren Empfindungen abgelöst. Und besonders am Abend, wenn alles hübsch beleuchtet ist, erstrahlt die Stadt plötzlich in ungeahntem Glanz. 
 Um am Wochenende den noch zahlreicher vorhandenen Menschen und der allgemeinen Hektik zu entfliehen, bietet sich ein Ausflug auf die vorgelagerten Inseln an, zum Beispiel Lantau oder Lamma Island. Dort kann man beim Wandern oder Radfahren ganz wunderbar die Seele baumeln lassen und gleichzeitig noch etwas für seine körperliche Fitness tun. 

Wenn man die vielen Menschen in den Straßen und Geschäften nicht scheut, kann man natürlich auch seinen Tag mit Shopping verbringen, ins Museum gehen oder einen der vielen wunderschönen Tempel besichtigen. 
Oder man schlendert über einen Markt, von denen es ebenfalls nicht wenige gibt - naja, man quetscht sich wohl eher, aber ich wollte es positiv klingen lassen.  
  

So ist auch bei der alltäglichen Nahrungsaufnahme Vorsicht oder wahlweise das sprichwörtliche "dicke Fell" geboten: Obgleich zahlreiche gute Restaurants zum Essen und Verweilen einladen, muss man in Hong Kong leider genau planen, wann man essen geht. Denn unter Umständen kann es passieren, dass man nicht nur (wie ungefähr überall in Asien üblich) erstmal Schlange stehen muss, sondern womöglich nach einer gehetzten Mahlzeit wieder hinauskomplimentiert wird, um Platz für die bereits ungeduldig wartenden nächsten Kunden zu schaffen. Streetfood und die in Taiwan oder insbesondere Südostasien so typischen Nachtmärkte mit ihren Garküchen sind in Hong Kong leider Mangelware. Außerdem ist alles wahnsinnig teuer! Und ich war heilfroh, abgesehen von einer Nacht, bei einem Couchsurfing-Host untergebracht gewesen zu sein. Denn ansonsten wäre ich jetzt glaube ich noch ärmer als ich es als Studentin ja sowieso schon bin. 
Mit meinem Host hatte ich, ganz nebenbei bemerkt, diesmal richtiges Glück. Er war eingefleischter Borussia Dortmund Fan, Vater einer unglaublich süßen dreijährigen Tochter und total sympathisch. Er hat mir auch desöfteren die Qual der Wahl bei der alltäglichen Jagd nach Essbarem abgenommen, indem er mir gleich von Anfang an den gesamten Inhalt seines Kühlschranks zur Verfügung gestellt und mich sogar gelegentlich bekocht hat. 
Doch trotz allem hat es Hong Kong am Ende nicht wirklich geschafft, mich vollends zu überzeugen. Vielleicht war ich an den falschen Orten. Vielleicht war es die falsche Jaheszeit oder ich hätte mich von jemandem beraten und herumführen lassen müssen, der in Hong Kong aufgewachsen ist und dort jeden Winkel kennt. Vielleicht war es auch die Tatsache, dass ich kein Wort Kantonesisch kann und man dort mit Mandarin nicht unbedingt weiterkommt - und nein, das ist nicht ein und dieselbe Sprache! Es ist ein deutlich hörbarer Unterschied, wie Tag und Nacht. Und nur weil ich mich mittlerweile einigermaßen gut auf (Mandarin-)Chinesisch verständigen kann, bedeutet das noch lange nicht, dass ich das automatisch auch auf Kantonesisch kann. 

Auch wenn was jetzt für den Ein oder Anderen so geklungen haben mag: Ich will mit diesem Blog Hong Kong definitiv nicht schlechtreden, nicht im Geringsten! Dass ich Hong Kong doof finde, ist meine ganz persönliche Meinung und hängt vermutlich vorwiegend damit zusammen, dass mir große Städte und viele Menschen grundsätzlich ein Gefühl von Unwohlsein und Bedrängnis vermitteln. Am Ende sollte jeder für sich selbst entscheiden, ob er einen Ort bereisen möchte oder nicht. Für mich steht jedenfalls fest, dass es mich nicht unbedingt nochmal nach Hong Kong ziehen würde. 
Und ganz unabhängig davon bin ich nun auch bereit, nach Hause zurückzukommen. Die letzten sechs Monate haben mich einige sehr wichtige Dinge gelehrt. Ich habe viele neue Freundschaften geschlossen, die über die ganze Welt verstreut sind. Ich habe nicht zuletzt mein Chinesisch verbessert und weiß jetzt wie es ist, an einer taiwanesischen Universität zu studieren. Ich bin viel gereist, habe verschiedene Orte gesehen und abenteuerliche Erlebnisse gehabt; darunter viele traumhaft schöne und erinnerungswürdige, aber auch genügend nicht so berauschende Momente und Begegnungen. Genau wie in Thailand war es auch im letzten halben Jahr in Taiwan sehr cool ohne meine Familie, da sie mir zugegebenermaßen doch manchmal schon sehr auf die Nerven gehen können. Aber andererseits ist mir wieder einmal bewusst geworden, dass sie mir auf die Dauer doch extrem fehlt und ich ohne sie nicht sein möchte. Ganz zu schweigen von meinem Freund und allen anderen lieben Menschen, die ich alle ganz doll vermisst habe. Umsomehr freue ich mich auf das schon sehr baldige Wiedersehen! Taiwan war eine wunderbare Erfahrung, die ich um nichts auf der Welt eintauschen wollen würde. Doch es ist nun an der Zeit, Abschied zu nehmen, mich neu zu orientieren und mir neue Ziele zu stecken. 

Mein Blog wäre nun an dieser Stelle beendet und ich hoffe, es hat euch einigermaßen Spaß gemacht, mich durch mein Auslandssemester zu begleiten, meine Posts zu lesen und meine Erfahrungen mit mir zu teilen!

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