Mittwoch, 24. Dezember 2014

Fröhliche Weihnachten!

Das Weihnachtsfest nicht im Kreise der Familie verbringen zu können ist an sich schon eine komische Angelegenheit. Aber noch viel schlimmer ist es, wenn man dabei fast zehntausend Kilometer von der Heimat entfernt ist, in einem asiatischen Land ohne vorweihnachtliche Stimmung, ohne Weihnachtsmärkte und mit sonnigen 20°C statt frostiger Temperaturen an Heiligabend. Anstelle von Ferien ist normaler Uni-Alltag angesagt, mit Hausaufgaben, Präsentationen und ausgerechnet gestern mit einem Test - dabei muss ich zur Verteidigung unseres supercoolen Chinesischlehrers jedoch hinzufügen, dass er uns den Test unkorrigiert überlassen hat, als kleines Weihnachtsgeschenk seinerseits quasi.
Wie dem auch sei, keine Spur von kollektiver Weihnachtsstimmung (und Geschenke-in-letzter-Minute-Besorgungs-Stressmomenten) wie man sie aus Deutschland kennt. 
Aber Austauschstudenten sind in der Regel kreativ und flexibel, wenn es um kulturelle Unterschiede und Merkwürdigkeiten geht. Aufgeteilt nach Ländern oder aber bunt durchgemischt haben gestern verschiedene kleine Weihnachtsparties stattgefunden und werden noch bis zum Wochenende andauern. Und einige von uns sind natürlich auch in die Kirche gegangen, von denen es in näherer Umgebung zum Wohnheim gleich mehrere gibt. Neben chinesischsprachigen Messen werden dort auch regelmäßige Gottesdienste auf Englisch angeboten. 
Unsere "Kirche" war nicht wirklich vergleichbar mit einer typisch deutschen Kirche. Aber auch wenn es ein "normales" Gebäude ohne Glockenturm und hohe Decken war und unser Gottesdienst im Keller stattfand (oben befand sich der größere Saal für die chinesische Messe), es war dennoch ein Gotteshaus und zum ersten Mal kam bei mir Weihnachtsstimmung auf! 
Der kleine Raum war vollgestopft mit Menschen aus den verschiedenstend Ländern, von den Philippinen über Indonesien und die USA gab es Franzosen, Deutsche und Tschechen. Der Pastor selbst stammte aus Irland. Abgesehen von der Internationalität des Gottesdienstes war auch die allgemeine Atmosphäre komplett anders als ich es aus Deutschland gewohnt bin. Feierlicher! Wir haben wesentlich mehr gesungen, das Glaubensbekenntnis ist auf Englisch länger und beim Vaterunser fasst man sich an den Händen und betet gemeinsam. Wenn jemand den Text vom Gebet vergessen hat, kein Problem, denn auf einer Leinwand erscheint per Tageslichtprojektor der Text aller Gebete und Lieder. Auch geweiräuchert wird nicht, weil die Rauchmelder unter der Decke sonst vermutlich Alarm schlagen würden. Alles in allem eine wunderschöne und weihnachtliche Messe, die mit Stille Nacht in allen möglichen Sprachen endete und nach der es beim Hinausgehen für jeden ein kleines Geschenk (Twinky und Schlüsselanhänger; siehe Foto oben) gab.

Zurück im Wohnheim ging es weihnachtlich weiter. Am Tag zuvor hatte ich im Supermarkt Rotwein und Gewürze gekauft - für ein gemütliches Beisammensein mit selbstgemachtem Glühwein und Weihnachtsplätzchen. Dabei weckte insbesondere ersteres das Interesse der anderen taiwanesischen und internationalen Studenten in der Wohnheimsküche. Offiziell haben wir Glühwein dann in "traditionell deutschen weihnachtlichen heißen Gewürzrotwein" umgetauft - der mir, am Rande erwähnt, ziemlich gut gelungen ist und allen hervorragend geschmeckt hat; auch denen, die zum ersten Mal Glühwein probiert haben!
Als Krönung dieses unkonventionellen aber sehr schönen Heiligabends habe ich nachts noch mit meiner Familie in Deutschland geskypt, was mich sehr gefreut und glücklich gemacht hat!
Mein letztes persönliches Highlight in diesem Jahr ist eine Reise nach Japan, wo ich zwei Freundinnen aus Deutschland treffen und zusammen mit ihnen Silvester verbringen werde. Wir haben das zwar schon vor Monaten geplant, aber es ist quasi eine Art Weihnachtsgeschenk, da ich morgen, am zweiten Weihnachtstag, losfliege und erst im neuen Jahr wiederkommen werde. Ich bin schon wahnsinnig aufgeregt und freue mich auf acht Tage in Tokio!
In diesem Sinne wünsche ich euch allen nun Fröhliche Weihnachten/ Merry Christmas/ 聖誕快/Feliz Navidad/ Joyeux Noel/ Hyvää Joulua!!! Und so weiter und so fort ...



 

Sonntag, 21. Dezember 2014

Advent in Wulai

Der Dezember ist schon wieder mehr als zur Hälfte vorüber und Weihnachten rückt mit jedem Tag ein bisschen näher. Im Normalfall würde ich jetzt - ebenso wie alle anderen Deutschen - an der alljährlichen, kollektiven Last-Minute-Geschenk-Suche teilnehmen und panisch von Geschäft zu Geschäft hetzen, um allerletzte Besorgungen zu machen. Außerdem hätte ich tonnenweise Weihnachtsplätzchen gebacken und gefuttert, wäre auf diversen Weihnachtsmärkten zum Glühweintrinken gewesen und hätte heute, am vierten Advent, zusammen mit meiner Familie traditionell den Christbaum geschmückt.
Aaaaaber, ich befinde mich derzeit ja in Taiwan, wo ich bei gemütlichen 15° von Schnee nur träumen kann und wo mich der Anblick von frierenden Taiwanesen, dick eingemummelt in ihre Dauenjacken mit Wollmützen auf dem Kopf und Fellstiefeln an den Füßen, jedes Mal aufs Neue leicht belustigt. Aber von Weihnachtsstimmung kann nicht wirklich die Rede sein. Zwar sind Straßen und Geschäfte mit Rentieren und Weihnachtsmännern dekoriert, Starbucks beschallt seine Gäste fleißig mit festlich-besinnlicher Musik und vielerorts gibt es Sonderangebote. Außerdem haben wir letzte Woche eine spontane Plätzchenbackaktion veranstaltet: Alli und ich haben nämlich die Wohnheimsküche gestürmt, den Minibackofen belagert und mindestens zwei Stunden damit zugebracht Spritzgebäck zu produzieren. Sehr zur Begeisterung der anderen Wohnheimsbewohner, weil wir den kompletten Eingangsbereich mit Plätzchenduft gefüllt haben :D
Abgesehen davon ist von Weihnachten wie gesagt eher wenig zu spüren, für mich persönlich jedenfalls. Mein studentisches Leben geht seinen gewohnten Alltag, ich habe viele Hausaufgaben und Ferien gibt es auch nicht. Stattdessen werde ich bald anfangen müssen, mich auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten, da das Semester in knapp vier Wochen schon zuende sein wird. 
Allzu spannend waren also die vergangenen paar Wochen nicht. Daher habe ich auch länger nicht gebloggt, weil es einfach nichts zu berichten gab. Gestern allerdings habe ich mit einigen Freundinnen einen Tagesausflug unternommen, der es definitiv wert ist, hier erwähnt zu werden!
 
Die Reise führte uns ins nahegelegene Wulai 烏來, das mit dem Bus von Taipeh aus in nur 60 Minuten erreicht werden kann. Der malerische kleine Ort ist im Sommer für gewöhnlich mit Touristen überfüllt, doch auch im Winter kommen nicht wenige Menschen dorthin. Der Grund: Heiße Quellen! Auch für uns war dies der Hauptgrund, warum wir nach Wulai fahren wollten. Da wir uns mit 8.30 Uhr vergleichswese früh auf den Weg gemacht hatten, sind wir dem Haupttouristenstrom geschickt entkommen. Nachdem wir in aller Ruhe gefrühstückt hatten, haben wir zunächst ein bisschen die Gegend erkundet. Einige Gehminuten entfernt gab es einen Wasserfall und ein kleines "Dorf" im Stil der nordtaiwanesischen Ureinwohner (Atayal). Außerdem konnte man mit der Seilbahn über den Wasserfall hinweg auf einen Berg hinauffahren, wo sich als weiterer Touristenmagnet eine Art Vergnügungspark befand. Allerdings waren an diesem Tag eher wenig Menschen unterwegs, was einerseits an der frühen Stunde gelegen haben mag und andererseits auf die Jahreszeit zurückzuführen ist. Aber wenigstens mussten wir uns nicht durch Menschenmassen zwängen, sondern konnten uns frei bewegen und in aller Ruhe alles anschauen. 
Zu guter Letzt sind wir in den Heißen Quellen baden gegangen. Zahlreiche Hotels und kleine Thermalbäder am Straßenrand luden dazu ein, doch wir entschieden uns für die etwas "traditionellere" Variante: Anstatt hohe Eintrittspreise für künstlich hergerichtete Bäder zu bezahlen, haben wir uns schlicht und einfach zu den ortsansässigen Taiwanesen unten am Fluss gesellt. Dort gab es steinerne Pools mit verschiedenen Temperaturen und eine Dampfsauna; zum Abkühlen diente der eisig kalte Gebirgswasserfluss. Die meisten Leute dort waren ältere Herrschaften, die sich förmlich darum rissen, uns zu erklären wie man richtig in den Heißen Quellen badet und die ganz aus dem Häuschen zu sein schienen, dass sich gleich fünf blonde Mädels auf einmal und eine Koreanerin zu ihnen "verirrt" hatten.  
Wie wir erfuhren, kann man sich nämlich nicht einfach irgendwo in einen Pool setzen. Nein, man muss eine Reihenfolge beachten! Erst abwaschen, dann warmer Pool, dann abkühlen, danach wieder warm und wieder abkühlen. Dabei allmählich die Temperatur steigern oder einfach regelmäßig zwischen heiß und kalt wechseln. 
Als ich mich einmal daran gewöhnt hatte, war es einfach traumhaft und der Fluss kam mir gar nicht mehr so kalt vor! Und Diese Form von Wechselbad ist nicht nur gut für Kreislauf und Herz, auch meine Haut war nachher viel weicher und fühlte sich reiner an.
Am Ende des Tages waren wir jedenfalls alle positiv erschöpft und zufrieden. Die Stadt hatte sich inzwischen mit Touristen gefüllt und wir waren heilfroh, dass wir so früh hergekommen waren und uns nach einem späten aber leckeren Mittagessen wieder auf den Heimweg machen konnten.


Montag, 24. November 2014

Jilong und Caoling-Trail

Am vergangenen Wochenende kam endlich einmal wieder etwas Abwechslung in meinen sonst so grauen Studentenalltag!
Zusammen mit meiner finnischen Kommilitonin Alli war für Samstag zunächst ein Tagesausflug in die nahegelegene Hafenstadt 基隆 Jilong geplant. Um Punkt neun Uhr morgens ging es los! Via Metro und Bus dauerte kaum eine Stunde bis wir unser Ziel erreicht hatten und es war außerdem mit knapp 50 TWD pro Strecke eine wirklich preisgünstige Fahrt. 
Am Hauptbahnhof in Jilong angekommen haben wir erst einmal das Touristeninformationszentrum gesucht, um uns dort mit einem Stadtplan einzudecken und Informationen über Attraktionen und Besonderheiten der Stadt einzuholen. Die junge Dame im Zentrum hat zwar Chinesisch mit uns gesprochen, doch sie war sehr freundlich, hilfsbereit und kompetent. Erstaunlicherweise haben wir trotz ihrer enormen Sprechgeschwindigkeit auch fast jedes Wort verstanden, sodass unsere weitere Tagesplanung schnell feststand. Mit dem Stadtbus ging es zunächst Richtung Heping Island. Da wir lediglich wussten, mit welcher Linie wir fahren, nicht jedoch wo wir aussteigen mussten, haben wir uns geschickt an eine taiwanesische Reisegruppe gehalten, die zufälligerweise dasselbe Ziel hatte. Die Insel bot einerseits einen traumhaften Blick auf das Meer und den Hafen von Jilong. Andererseits gab es eine kleine Parkanlage mit Rundweg, von wo aus man Turtle Island ansehen konnte sowie die für die Region typischen, pilzförmig ausgewaschenen Sandsteingebilde - davon gibt es noch mehr im Yehliu Geopark, der definitiv noch auf meiner imaginären To-Do Liste steht, weil alle anderen immer so begeistert davon erzählen.
Nach einer kurzen Entspannungspause am Meer haben wir uns wieder auf den Weg zurück zur Bushaltestelle gemacht. Diesmal hatten wir wirklich keine Ahnung, wo wir aussteigen müssen und die mit taiwanesischem Dialekt auf uns einquasselnde Omi hat uns dabei leider auch nicht viel weiter geholfen. So stiegen wir also in den nächstbesten Bus und befragten den Busfahrer - was im Notfall immer eine Option ist. So kamen wir letztendlich doch dorthin, wo wir wollten. Nämlich zum Nationalmuseum für Meereskunde und -technologie, das am anderen Ende der Stadt liegt.
Für rund drei Euro Eintritt konnten wir auf vier Etagen verschiedenen Ausstellungen besuchen. Diese waren zwar recht wissenschaftlich, aber sämtliche Inhalte wurden auf plastische und kreative Art und Weise vermittelt und zwischendurch es gab immer wieder interaktive Darstellungsformen damit auch Kinder (oder wahlweise kindgebliebene Austauschstudentinnen) Gefallen am Museum finden konnten. Ich persönlich würde das Museum auch weiterempfehlen, weil es dort wirklich allerlei interessante Dinge zu entdecken gibt und von Tiefseeforschung über Schifffahrt und meeresbiologische Technologien eine große Bandbreite von Themen angesprochen wird.
Da Bildung ja bekanntlich hungrig macht, sind wir vor unserer Rückkehr nach Taipeh noch auf den 廟口夜市 Miaokou Nachtmarkt gegangen. Dieser ist aufgrund der Küstennähe natürlich von Meeresfrüchten und Fisch geprägt, aber nebst diversen Süßspeisen findet man dort auch "Gewöhnliches" Essen; die Auswahl ist riesig! 
Mit vollem Bauch und einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen sind wir nach diesem wunderbaren Tag schließlich wieder in den Bus nach Taipeh gestiegen, mit dem wir diesmal durch Zufall sogar bis zur Bushaltestelle vor der Universität fahren konnten!

Am Sonntagmorgen hieß es dann noch etwas früher aufstehen als am Tag zuvor, denn um acht Uhr sollten wir uns mit anderen Austauschstudenten und zwei Taiwanesen (die alles organisiert hatten) am Haupteingang der Universität treffen. In einer gut zwanzigköpfigen Gruppe stürmten wir zunächst die Metro, dann den Fahrkartenschalter am Hauptbahnhof und schließlich den Zug nach 福隆 Fulong. Dort angekommen haben wir uns mehr oder weniger in Kleingruppen aufgeteilt; während einige noch im 7-Eleven ein bisschen Wegzehrung einkauften oder Sonnencreme auftrugen, um sich gegen die für Ende November ungewöhnlich starke Sonne zu schützen - es waren schlappe 29°C und kristallklarer Himmel!!! - hatten sich andere bereits auf den Weg zum Trail gemacht. Über einen größtenteils geteerten Zubringer erreichten wir nach 3,5km den eigentlichen Wanderweg, den 草嶺古道 (Caoling Old Trail). 
Dieser war dann zum Glück nicht mehr geteert und bestand auch nicht ausschließlich aus Stufen, wie ich nach meinen ersten Wandererfahrungen im Taroko-Nationalpark zunächst befürchtet hatte. Merkwürdige Hinweis- und Warnschilder gab es allerdings wieder genug.
Der insgesamt 8,5km lange Weg teils durch Wald und teils durch freies Feld und es ging stetig bergan. Besonders der letzte Teil der Strecke war landschaftlich sehr schön, weil wir durch von Schilfgras überzogene Hügel gewandert sind, nur um an einem Aussichtspunkt anzukommen, von dem aus man das Meer und die umliegenden Berge überblicken konnte. Nach rund drei Stunden machten wir uns auch schon an den Abstieg, der wiederum sehr gut ausgebaut und daher schnell zu bewältigen war. Außerdem konnten sich die Menschenmassen hier definitv besser verteilen als auf dem teilweise recht engen Wanderpfad. Vielleicht hätten wir uns einfach nicht für einen Sonntag zum Wandern entschließen sollen, denn an manchen Stellen war der Weg wirklich schmal, sodass nur drei oder vier Personen nebeneinanderherlaufen konnten. Fügt man nun noch die Tatsache hinzu, dass es an diesen Engstellen mehr oder weniger steil bergauf ging, dann wird das daraus resultierende Problem schnell offensichtlich: Ein menschlicher Stau, der sich oftmals nur im Schneckentempo voranbewegte, wenn überhaupt! Ein wirklich einmaliger Anblick und eigentlich wahnsinnig lustig, wenn man bedenkt, dass der inoffizielle taiwanesische Nationalsport ja sowieso das Schlangestehen zu sein scheint. Andererseits war es nicht ganz so lustig, selbst mitten im Stau zu stehen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Und es sollte auch nur ein kleiner Vorgeschmack auf das werden, was uns im Zug zurück nach Taipeh erwartete. Noch mehr Menschen! Diesmal auf engstem Raum in ein Zugabteil gequetscht, wie Sardinen in der Dose, mit einer Luftfeuchtigkeit annäherungsweise 100% und diversen sich überlagernden Aromen menschlicher Ausdünstungen. Einfach herrlich!
 
Glücklicherweise mussten wir diesen Extremfall nur eine Haltestelle weit ertragen, danach wurde es wieder etwas leerer und angenehmer. Auch die Wanderung an sich war trotz des gelegentlichen Staus sehr lohnenswert und hat viel Spaß gemacht, insbesondere weil wir so viel Glück mit dem Wetter hatten und die Landschaft einfach wunderschön war!
Bei Interesse hätte ich hier einen Link anzubieten, der alle nötigen Informationen zu Anreise, geographischer Lage und Wegbeschaffenheit enthält: http://www.necoast-nsa.gov.tw/user/Article.aspx?Lang=2&SNo=04000486
















Montag, 10. November 2014

Beitou Hot Springs

Man mag es kaum glauben, aber mit Beginn des Novembers scheint auch hier allmählich der Winter hereinzubrechen. Jedenfalls ist es längst nicht mehr so heiß und unerträglich feucht wie es noch vor rund zwei Wochen war; auch die Sonne zeigt sich nur noch gelegentlich. Der wolkenverhangene und stahlgraue Himmel erinnert mich sogar ein bisschen an das Wetter in Deutschland, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass es denn hier doch nicht ganz so kalt ist. In langer Hose und T-Shirt lässt es sich derzeit noch sehr gut aushalten. Außerdem sind die deutlich kühleren Temperaturen der perfekte Anlass, um einen entspannten Nachmittag bei den Heißen Quellen zu verbringen!
Eine gut fünfundvierzigminütige Fahrt mit der Metro liegt zwischen unserem Wohnheim und der Haltestelle Beitou im nördlichen Teil von Taipeh. Dorthin hat es mich und meine finnische Freundin Alli am Sonntagnachmittag verschlagen, weil wir beide uns eine wohlverdiente Auszeit von Stress und Uni-Alltag gönnen wollten. 
Die Heißen Quellen sind nur knapp zehn Gehminuten von der MRT-Haltestelle entfernt und ganz einfach zu finden. Auch den Eintrittspreis von 50 NTD würde ich mehr als "human" beschreiben, als Studenten der NTU haben wir sogar nur 20 NTD bezahlt. 


Zugegeben, die Anlage war jetzt mit sechs Becken nicht riesengroß, aber ein Besuch lohnt sich definitiv! In vier Abstufungen von 35 bis 47°C  fängt man im untersten Pool an und arbeitet sich dann vorsichtig hoch; zwei untemperierte Becken dienen der Abkühlung zwischen den einzelnen Stufen. 
Man sollte sich auf jeden Fall vor jedem Bad zunächst die Füße mit etwas Wasser begießen, um den Körper vorsichtig an die Hitze zu gewöhnen. Danach sollte man sich auch relativ zügig komplett in das Becken begeben, weil sonst das Herz zu sehr beansprucht werden könnte. Außerdem gab es wieder überall Warnschilder und übereifrige Taiwanesen, die förmlich darauf warten, den unkundigen Ausländer eines Besseren zu belehren. Auch im Hinblick auf meine in weiser Voraussicht ordentlich zu einem Zopf geflochtenen Haare, deren Spitzen keinesfalls im Wasser hängen durften! 
Ich fasse kurz zusammen: Leider hatten wir nur knapp 45 Minuten Zeit, weil es offenbar zu bestimmten Zeiten einen Schichtwechsel gibt, den man beachten sollte, wenn man einen längeren Aufenthalt in den Heißen Quellen plant. Allerdings war das Baden unheimlich entspannend und ich wäre gern noch länger geblieben! Das heißeste Becken war uns übrigens ein bisschen zu warm und wir haben es bei der mittleren Stufe belassen. Auch bin ich nicht sicher, was genau man dem Wasser zusetzt. Schlau wie ich bin habe ich mir nämlich mit der nassen Hand über Nase und Mund gewischt und mir DANN über die Lippen geleckt ... salzig war es nicht und Alli meinte, es sei vermutlich Schwefel. Aber ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung und will hier auch kein falsches Halbwissen verbreiten.
Was ich mit Sicherheit sagen kann ist, dass man auf jeden Fall auf seinen Kreislauf Acht geben sollte. Ähnlich wie in der Sauna sind auch die Heißen Quellen nicht unbedingt die leichteste Übung für unser Herz-Kreislauf-System - mir jedenfalls ist zwischendurch ein wenig schwummrig geworden und ich musste mich erst einmal wieder aklimatisieren.
Ach ja! Und überfüllt war es auch nicht, obwohl Sonntag war und ich das eigentlich ein bisschen erwartet hätte. Sehr angenehm also und der perfekte Ausgleich zum ansonsten recht hektischen Leben in Taipeh.



Um einen perfekten Tag ausklingen zu lassen, sind wir abends noch auf einen Nachtmarkt gegangen, der nicht nur auf unserem Rückweg lag sondern zur Abwechslung mal nicht von Touristen überlaufen war. Neben dem üblichen Nahrungs- und Getränkeangebot gab es auch sehr günstige Kleidung und Schuhe zu kaufen; Widerstand zwecklos ...




Donnerstag, 6. November 2014

Studentenleben (2/3)

Im Moment vergeht die Zeit wieder wie im Flug, sodass ich kaum Zeit zum Bloggen finde. Allerdings gibt es auch nur wenig Neues und Spektakuläres zu berichten, da ich tatsächlich die meiste Zeit über mit Unikram und lernen beschäftigt bin. Die Mid-Terms (also die Semester-Zwischenprüfungen) stehen vor der Tür und ich bin zugegebenermaßen froh darüber, dass ich nur eine einzige solche Prüfung in Chinesisch habe. Für meine anderen Fächern muss ich diverse Referate, kleine Hausaufgaben und Präsentationen vorbereiten, sodass ich im Grunde auch ohne Mid-Terms mehr als genug zu tun habe.
Dennoch finde ich gelegentlich die Zeit für etwas "Schönes". So beispielsweise am vergangenen Donnerstag. In der Nähe meines Wohnheims hatten einige einheimische Studenten der NTU für uns International Students einen Kulturabend organisiert. Dort habe ich zum Beispiel gelernt wie man Chinesisches Schach spielt.

Anfangs fiel es mir schwer, mir die neuen Spielregeln zu merken und die mit chinesischen Zeichen beschrifteten Spielsteine voneinander zu unterscheiden. Aber da 象棋 (XiangQi), wie es auf Chinesisch heißt, sehr viel weniger kompliziert als unsere westliche Version des Schachspiels ist, hatte ich den Dreh schnell heraus. Von meinem Tandempartner habe ich im Nachhinein erfahren, dass wir an jenem Abend vermutlich eine vereinfachte Spielart beigebracht bekommen hatten. Denn in der ihm bekannten Version kann man wesentlich speziellere Züge mit den einzelnen Figuren machen, was das Spiel ein wenig komplexer werden lässt. Spaß hatte ich trotzdem!
Außerdem haben wir an diesem kulturellen Abend noch Kalligraphie-Unterricht bekommen. Es war eigentlich mehr eine Vorführung dessen, wie man es eigentlich machen sollte, also wie man den Pinsel richtig hält und wie es aussehen kann, wenn man jahrelange Übung in Kalligraphie hat. Für mehr haben leider Platz und Zeit nicht ausgereicht, aber für einen kurzen Einblick hat es allemal genügt. Vor allem habe ich gelernt, dass Kalligraphie tausendmal schwieriger ist als ich bisher geglaubt hatte, was meine Bewunderung für diese Kunst und ihre Meister um einiges hat ansteigen lassen. Meine eigenen kläglichen Versuche möchte ich hier lieber nicht zeigen. Stattdessen ein Foto von meinem persönlichen Andenken an den Abend:
Ein Bogen roten Papiers, auf das man normalerweise "Glück", "Reichtum" oder dergleichen schreibt - zur Feier des Tages durften wir uns aussuchen, was die Kalligraphie-Meister auf unsere Zettel schreiben sollten. Und falls ihr euch fragt, was wohl mysteriöses da stehen mag: Es ist lediglich mein Name auf Chinesisch.

Abgesehen von diesem bunten und lustigem Abend habe ich mich auch ein bisschen kulturgeschichtlich weitergebildet. Zusammen mit einer finnischen Freundin war ich letzten Dienstag im 國家故宮博物館, dem Nationalpalast-Museum der Republik China in Taipeh. 
Dort werden in einer der weltweit größten Austellungen zahllose Kunstwerke und Artefakte gezeit, die über Dynastien hinweg von den Herrschern des Chinesischen Kaiserreiches angesammelt worden waren; darunter wertvolle Gemälde, diverse kunsthandwerkliche Gegenstände und Gefäße, antike Möbelstücke, Bücher und Kalligraphien, Schmuck und noch vieles mehr. 
Dieses kulturelle Erbe Chinas befand sich einst in der Schatzkammer des kaiserlichen Palastes in der Verbotenen Stadt in Peking und wurde einige Jahre nach dem Sturz der Ming-Dynastie und Gründung der Republik China (1911) erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Nach Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 gelangten die Kunstschätze nach Taiwan, wo sie heute (noch nahezu vollständig erhalten) im Nationalpalast-Museum in einer ständig wechselnden Ausstellung zu sehen sind.
Leider herrscht im gesamten Museum ein strenges Fotografierverbot, aber ich kann versichern, dass sich ein Besuch definitiv gelohnt hat; zumal uns (einheimischen) Studenten wieder einmal kostenloser Eintritt gewährt wurde! Ich kann nicht sagen, welcher Teil der Ausstellung oder welches Handwerksstück mich am meisten beeindruckt hat. Sowohl die antiken Gefäße und Waffen aus uralten Zeiten als auch die filigran bemalten Vasen und Parfümfläschchen und nicht zuletzt die Gemälde und Edelsteine haben alle etwas für sich. Außerdem hatte ich die einmalige Gelegenheit, das wertvollste und berühmteste Stück der gesamten Ausstellung mit eigenen Augen zu sehen. Er ist der ganze Stolz des Museums und die Besucher stehen regelmäßig Schlange, um ihn einmal zu Gesicht zu bekommen: Der Chinakohl! 
Nein, das ist kein Scherz, das ist mein voller Ernst. Es ist tatsächlich ein Kohlkopf. Aus Jade wohlgemerkt, mit kleinen Verzierungen und unglaublich wertvoll. Aber dennoch ist es ein Kohl. Vergleichbar mit der Mona Lisa im Louvre: Alle schwärmen wortreich und begeistert davon und am Ende ist man leicht bis mittelschwer enttäuscht von der Wirklichkeit... Mein persönliches Highlight war er jedenfalls nicht, der Chinakohl. Er hat vielmehr zur allgemeinen Erheiterung von Alli und mir beigetragen; insbesondere nachdem wir das zweitwichtigste und nicht minder berühmte Stück der Ausstellung bewundert hatten: Ein Stein, der einem Stück Fleisch ähnelt.
Für diejenigen, die nun doch etwas neugierig geworden sind, was an Fleisch und Kohl wohl so reizvoll sein mag, dass es gleich zum Nationalheiligtum erklärt wird, hier ein Link zu einem Bild mit den beiden "Kunstwerken": https://www.flickr.com/photos/textlad/5193298207/









 

Freitag, 24. Oktober 2014

Taroko Nationalpark

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Es ist Donnerstag, kurz nach 13 Uhr: Nachdem ich den Vormittag damit zugebracht habe, meine Siebensachen möglichst sinnvoll und platzsparend im Rucksack zu verstauen, stehe ich nun abfahrtsbereit vor dem Wohnheim. Zusammen mit zwei anderen deutschen Mädels ist übers Wochenende eine kurzer Ausflug in den Taroko-Nationalpark 太魯閣國家公園 geplant.  

Dieser erstreckt sich von Hualian 花蓮 an der Ostküste Taiwans über rund 92.000 Hektar ins Landesinnere (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Taroko-Nationalpark#mediaviewer/File:Taroko-Naional-Park-Map-Taiwan.png ) und war in jedem unserer Reiseführer als ein absolutes Muss vermerkt. Davon mussten wir uns natürlich mit eigenen Augen überzeugen und im Nu waren Pläne für ein richtiges Wanderabenteuer mit Zelt und allem Drum und Dran ausgeheckt.
Unternehmungslustig und in voller Montur bis oben hin bepackt geht es zunächst in Richtung Taipeh Hauptbahnhof, von wo aus wir den Zug nach Hualian nehmen wollen. Knapp dreieinhalb Stunden - und unzählige verwunderte Blicke auf unser ungewöhnliches Aussehen - später steigen wir in Xincheng 新城 aus, einem kleinen Städchen ganz in der Nähe vom Parkeingang. Da es nach 18 Uhr ist, hat der Park bereits geschlossen und anstelle des Shuttle-Busses nehmen wir ein Taxi. Im Schein unserer Taschenlampen schlagen wir auf einer Wiese neben dem Besucherzentrum am Taroko-Haupteingang unser Zelt auf - das wir im Übrigen inklusive dreier Luftmatratzen für gerade einmal 25€ bei einem Geschäft für Campingbedarf geliehen haben.
Nach einer unruhigen Nacht, in der ich aus Angst um unser wild umherflatterndes Außenzelt und wegen der ungewohnten (obwohl ausnahmsweise nicht nervtötendgroßstadtmäßigen) Geräusche kaum ein Auge zugetan habe, werden wir am Freitagmorgen mit strahlendem Sonnenschein geweckt. Auf ein provisorisches Frühstück folgen Zeltabbauen und eine allgemeine Lagebesprechung. Im Besucherzentrum statten wir uns mit Busfahrplan und Wanderkarte aus und dann kann es auch schon los gehen!
Auf dem Weg zur Haltestelle des Shuttle-Busses, der uns in die Mitte des Parks - nach Tianxiang - bringen soll, ziehen wir wieder alle Blicke auf uns. Heimlich oder auch ganz offensichtlich schießt man Fotos. Schließlich sind drei blonde Mädels in Wanderoutfit mit Backpack auf dem Rücken und Zelt im Gepäck DIE Attraktion schlechthin! Insbesondere wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Ottonormaltaiwaner scheinbar ein komplett anderes Verständnis vom Wandern hat als wir Ausländer: In schicker Kleidung, feinen Schuhen und höchstens mit einer Handtasche ausgestattet schließt man sich Reisegruppen an, um die bekanntesten sehenswerten Orte nach und nach abzuklappern. Natürlich nicht ohne ausreichend Beweisfotos geknipst zu haben, um sich später bei Freunden und Kollegen zu brüsten!

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Entsprechend sind die sogenannten "Wanderwege" im gesamten Taroko-Nationalpark in zwei Kategorien aufgeteilt: Entweder sind sie sehr breit, befestigt, tausendfach gesichert und durch zahllose Zäune und Warnschilder gekennzeichnet. Dies sind dann "landschaftliche" Wege. Oder es sind tatsächlich als solche bezeichnete "Wander"-Wege, die zwar weniger Sicherheitsschilder haben, aber größtenteils aus Treppen bestehen.
Abgesehen davon gibt es noch eine dritte Art von Wegen, nämlich kleine Pfade und Trails, die sich durch den (Ur)wald winden und gern auch mal steil einen Berg hinauf führen. Eben solche, die ich persönlich tatsächlich als Wanderweg bezeichnen würde. Die sind für gewöhnliche Wanderer (aus Sicherheitsgründen) gesperrt und man braucht eine spezielle Hochgebirgs-Wandererlaubnis oder einen persönlichen ortskundigen Führer ... nun ja, "andere Länder, andere Sitten" oder wie man so schön sagt. 

Auch wenn das jetzt gerade eher so klang, als hätten wir keinen Spaß gehabt, war es dennoch ein einmaliges Erlebnis! Zwar sind wir nicht unbedingt voll auf unsere Kosten gekommen, was das Wandern anbelangt. Aber der Taroko-Nationalpark ist landschaftlich einfach atemberaubend und wunderschön! 

Am ersten Tag haben wir den Baiyang-Waterfall-Trail gemacht.
Dabei kann ich mich nicht entscheiden, ob mich die Hängebrücke mit den unter ihr liegenden Felsen und Schluchten mehr beeindruckt hat oder doch der Gang durch einen Tunnel mit kleinen, von der Decke kommenden Wasserfällen im Innern.
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Außerdem hatten wir den ganzen Tag über extrem schönes Wetter und haben auf unserer Wanderung die verschiedensten Arten von Schmetterlingen beobachten können. Abends hätte uns für den perfekten Abschluss nur noch ein Feuerzeug oder Streichhölzer gefehlt, weil wir auf unserem Zeltplatz theoretisch die Erlaubnis gehabt hätten, ein Lagerfeuer anzuzünden. Echtes Camping-Feeling kam trotzdem auf, weil es keine Duschen gab und wir uns daher im Freien unter einem Brunnen waschen mussten. Und der Sternenhimmel erst...!
 
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Am zweiten Tag hatten wir Einiges vor, sodass für Samstagmorgen der Wecker auf 6 Uhr eingestellt war. Zu einer solch unchristlichen Uhrzeit aufzustehen war nicht unbedingt einfach, hat sich dafür aber gleich doppelt bezahlt gemacht. Einerseits waren wir vom ersten Trail zurück bevor der Park von Touristenmassen überschwemmt wurde. Andererseits hätten wir wohl kaum die geheimnisvoll in morgendlichen Nebel eingehüllte Landschaft zu Gesicht bekommen, die eine täuschende Ähnlichkeit mit den fliegenden Bergen in Pandora aus dem Film Avatar hatte. Wir konnte also in aller Ruhe unsere traumhaft schöne Umbebung bewundern, ein bisschen wandern (Lushui Trail) und hatten außerdem noch mehr als genug Zeit, Frühstück zu besorgen und das Zelt abzubauen bevor wir uns wieder in Richtung Besucherzentrum am Parkeingang aufgemacht haben. Dort wollten wir nämlich noch eine letzte Wanderung unternehmen und uns gegen Nachmittag auf den Heimweg machen.
Der Haken an unserem wunderbar durchdachten Plan war nur, dass so früh leider noch kein Shuttele-Bus fuhr. Allerdings blieb uns nichts anderes übrig, als uns dennoch mit Sack und Pack an die Straße zu stellen und auf ein vorbeifahrendes Auto oder einen Bus zu hoffen. 
Wir wollten schon beleidigt aufgeben, als das erste Fahrzeug gekonnt unseren ausgestreckten Daumen ignorierte und im Eiltempo vorbeifuhr. Doch keine zwei Minuten später kam es zu unserem Erstauen zurück! Man fragte uns, wo wir denn hinwollten und im nächsten Moment saßen wir auf der Rückbank einer singapurischen Familie mit zwei Kindern, die gerade auf Kurzurlaub in Taroko unterwegs war. Die vierzigminütige Fahrt war ziemlich cool, viel lustiger als Busfahren und dann auch noch kostenlos!
 

        Am Besucherzentrum angekommen haben wir unsere Rucksäcke umgepackt, das schwere Gepäck in die Obhut der Parkwächter gegeben und uns postwendend wieder auf den Weg gemacht. Als nächstes stand der Shakadang-Trail auf unserer Liste, der in die "landschaftliche" Kategorie gehört und entsprechend von Touristen besucht war. Da sich die Natur rund um die Wanderwege im Nationalpark überall ziemlich ähnlich ist, unterschied sich unser Ausblick nicht wesentlich von dem, was wir am Vortag bereits ausgiebig bewundert hatten. Schön war es trotzdem.
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Zumal wir am Ende noch ein bisschen im Urwald rumgewuselt und den Anfang eines anspruchsvolleren Trails (also einen mit Treppen) "gewandert" sind. Außerdem haben wir wieder ganz viele exotische Tierchen entdeckIch wäre auch gern noch einen Tag länger geblieben, aber irgendwann muss man ja auch mal was für die Uni tun ...

Am Samstagnachmittag gegen 16 Uhr beluden wir uns also ein letztes Mal mit all unserem Gepäck und machten uns auf den Weg zum Bahnhof. Von dort sollte es zurück nach Taipeh gehen, jedoch nicht auf direktem Weg, weil wir noch einen Tipp meines Tandempartners ausprobieren wollten. 
Er hatte uns nämlich den Nachtmarkt in Luodong empfohlen, was quasi auf halben Weg nach Hause liegt.  
Das Gepäck konnten wir problemlos am Bahnhof in Schließfächern lassen und nach einem langen Tag mit Wandern und Zugfahren erwies sich der Nachtmarkt als wunderbare Möglichkeit, unseren letzten Abend entspannt ausklingen zu lassen. Mit Pizza im Hörnchen, Zuckerwatte-Küken und pechschwarzen, hornförmigen Nüssen, deren Geschmack an Maroni erinnerten - nur um einige Besonderheiten zu nennen.




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Ich habe vor Kurzem diesen Post bearbeitet und einige Fotos hinzugefügt, die eigentlich nicht von mir sind sondern von einer Freudin. Sie hat nämlich eindeutig eine bessere Kamera als ich und kann auch noch damit umgehen, wie man ja auf den mit Sterchen markierten Fotos deutlich erkennen kann! 
Nachdem wir gegenseitig die Fotos von unserem kleinen Abenteuer ausgetauscht hatten, habe ich einige davon mit ihrem Einverständnis in meinen Blog aufgenommen.
Für diejenigen unter euch, die Interesse daran haben, noch mehr ihrer Bilder anzuschauen, hier ein Link zu ihrem eigenen Blog (der ist allerdings auf Englisch geschrieben)













 

Mittwoch, 15. Oktober 2014

Crazy Taiwan (2)

Taiwan ist anders, keine Frage! Das Thema hatte ich ja vor einiger Zeit schon ausgiebig erörtert. Man sollte also meinen, dass mich hier nichts mehr schocken oder überraschen könnte. Falsch gedacht. In Wahrheit bin ich immer wieder aufs Neue verwundert über Dinge, die Taiwan so sehr von meiner Heimat unterscheiden.
Fangen wir mit den Lebenshaltungskosten an. Eigentlich sind die vergleichsweise gering, nur in Taipeh ist alles "teuer". Zumindest nach taiwanesischen Verhältnissen, denn für eine komplette Mahlzeit bezahlt man (großzügig gerechnet) gerade mal zwischen 1 und 2,50€. Wenn man nicht gerade in ein Spitzenklasseluxusrestaurant geht. Auch Kleidung ist auf dem Nachtmarkt, und teilweise in Geschäften, relativ günstig, je nach dem wo man schaut. Insgesamt beläuft sich der Gesamtbetrag meiner täglichen Ausgaben auf rund 5€. Außer ich mache den großen Fehler, im Supermarkt einkaufen zu gehen. Äpfel sind besonders gefährlich. Oder Nutella und jegliche Art von nicht-asiatischen Süßigkeiten. Wie man auf den nebenstehenden Fotos unschwer erkennen kann, handelt es sich um ein normalgroßes Nutella-Glas und einen völlig gewöhnlichen Apfel. Für ersteres hätte ich umgerechnet fast 6€ bezahlen müssen; und nein, es ist NICHT das 1KG-Jumbo-Glas (ich will gar nicht wissen, wie viel das gekostet hätte...). Den Apfel hingegen habe ich tatsächlich gekauft. Für stolze 40 TW$, was in etwa 1€ entspricht. Weil ich nämlich unfähig war aus dem Gewirr von Schildern und Preisen den Kilopreis abzusehen. Vielleicht gibt's sowas auch gar nicht. Auf dem Markt geht es jedenfalls nach Stückpreis soweit ich weiß. Der liegt im Schnitt bei 5 Äpfel für 2,50€.
Auch Müsli, Cornflakes und andere Vollkorn-Frühstücks-Produkte sind ziemlich teuer. 
Ich könnte jetzt weiter machen, aber halten wir fest: Demnächst lieber einmal mehr fragen anstatt einfach blind zu kaufen; beziehungsweise werde ich westliche Produkte künftig endgültig von meiner Speisekarte streichen müssen. Oder ich lache mir einen reichen Taiwanesen an, der mir Apfelmüsli kauft...

Kommen wir nun von Supermärkten zum Straßenverkehr. Der wird zu Stoßzeiten zwar vorbildlich von Polizisten mit Warnweste, Trillerpfeife und Signallampe kontrolliert. Aber im Großen und Ganzen muss man echt vorsichtig sein, dass man nicht von Motorrädern überfahren wird oder aus dem Bus fällt. Kein Scherz, das ist ernst gemeint! Ich bin letztens mit meinem Tandempartner zu IKEA gefahren, wo es, ganz nebenbei bemerkt, sooo spannend nu auch wieder nicht war, weil das Sortiment im Grunde ein- und dasselbe ist wie in Deutschland und überall anders auf der Welt. Jedenfalls sind wir mit dem Bus hingefahren und das ist hier echt eine Kunst für sich. Erstmal muss man sich durch den Wust aus Buslinien wühlen, was zum Glück Bo-jun für mich übernommen hatte. Dann muss man den entsprechenden Bus heranwinken, weil er sonst einfach weiterfährt. Bezahlt wir entweder beim Ein- oder Aussteigen, je nach dem was vorne beim Fahrer gerade angezeigt wird. Und jede fahrt kostet nur 12 TW$. Im Vergleich zur Metro ist das echt günstig und ich möchte daher auch eigentlich lernen, allein Bus zu fahren. Wenn ich recht überlege, ziehe ich andererseits Metrofahren eindeutig vor. Weil die Busfahrer sich nicht nur mit rasanter Geschwindigkeit und knappen Manövern durch die vollgestopften Straßen Taipehs schlängeln. Sondern vor Allem, weil sie kurz vor der Bushaltestelle in voller Fahrt einfach schon mal die Tür aufmachen. Damit man schneller aussteigen kann. Oder wahlweise einfach aus dem Bus fällt? Ganz ungefährlich ist das jedenfalls nicht. Und Sitzenbleiben bis der Bus steht ist auch leichter gesagt als getan, weil es dann nämlich unter Umständen passieren kann, dass der Bus einfach weiterfährt, weil man nicht schnell genug ausgestiegen ist. 
Wenn man nun zu Fuß unterwegs ist, sollte man stets ein wachsames Auge auf den Straßenverkehr haben. Zwar genießt man in Taipeh die Vorzüge von Bürgersteigen und zahlreichen Fußgängerampeln, die in der Regel in Verbindung mit einem Zebrastreifen zu finden sind. Allerdings sind Taiwanesen in puncto "Rücksicht auf Fußgänger" nicht ganz so bewandert. Oder haben schlichtweg ein anderes Verständnis davon. Wer nicht dreist drauflos fährt (oder geht), hat verloren. Selbst wenn man sich gerade als Fußgänger auf einem Zebrastreifen befindet, den man bei grüner Ampel überqueren möchte. In solchen Fällen kommen die verkehrsregulierenden Polizisten gerade recht, da sie rücksichtslose Autofahrer gnadenlos aufhalten (durch wildes Winken teilweise, indem sie mit ihrer Signallampe auf die Motorhaube klopfen!). Bei Gelegenheit werde ich das Durcheinander gern einmal fotographisch für euch festhalten. Leider hatte ich bislang zwar genug Gelegenheiten, war aber immer zu sehr um meine eigene Sicherheit besorgt als dass ich ein schönes Foto hätte schießen können.

Ein letzter eigenartiger Punkt, den ich heute noch mit euch teilen möchte, ist das Müllauto! Ich würde sogar behaupten, in Deutschland gibt es etwas Vergleichbares. Nämlich den Tüdelühmann - besser bekannt als Schrottsammler, der mit Musik durch die Straßen gondelt und Altmetall einsammelt und den schon jedes Kind kennt.
Die Parallele zur taiwanesischen Müllabfuhr besteht nun hauptsächlich darin, dass auch sie Musik spielt. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass hier tatsächlich Müll eingesammelt wird. Sobald "Für Elise" oder ein anderes bekanntes klassisches Musikstücke ertönt wissen die Menschen, dass das Müllauto naht. Sie stehen dann mit ihren Müllsäcken am Straßenrand und warten geduldig darauf, diese der Müllabfuhr überlassen zu können. Leider kann man es auf dem Foto nicht so gut erkennen, aber das gelbe Auto im Hintergrund, das den ganzen Verkehr aufhält, ist das Müllauto. Das weiße im linken Bildrand ist ein Altmetallsammler.

Oh, jetzt hätte ich fast das Lustigste vergessen! Ich hatte ja bereits angedeutet, dass es allmählich kühler wird. Der Winter naht und man kleidet sich auch entsprechend. Jedenfalls tun das die Taiwanesen, denen bei rund 20°C offenbar tatsächlich so frisch wird, sodass sie langärmlige Kleidung, Jacken und lange Hosen tragen. Ich selbst empfinde derartige Temperaturen durchaus noch als frühlingshaft, besonders weil es ja nur morgens wirklich "kalt" ist. Im Laufe des Tages steigen die Temperaturen, aber es wird nicht mehr unerträglich heiß, ein leichter Wind weht und die Sonne scheint angenehm warm auf die Haut. Allerdings kommt es mir so vor, als würde nur ich das so sehen. Denn die Mehrheit mustert mich mit entgeisterten Blicken als käme ich von einem anderen Stern, wenn ich in kurzer Hose und T-Shirt vorbeilaufe...