Dienstag, 30. September 2014

Von Elefantenbergen und alten Straßen

Nach einer relativ ruhigen Woche habe ich am Wochenende endlich wieder etwas spannenderes unternommen als Chinesisch zu lernen und den Tag in der Uni zu verbringen.
Am Samstag stand zunächst der sogenannte Elephant Mountain (Elefantenberg) auf unserem Plan. Er liegt am südlichen Rand Taipehs und ist insbesondere wegen der beeindruckenden Aussicht über die Stadt sehr bekannt.
In weiser Vorraussicht haben wir, eine koreanische und eine deutsche Freundin und ich, uns erst nachmittags auf den Weg gemacht. Wir wollten nämlich nicht in der prallen Mittagshitze wandern und außerdem später beim Abstieg den Sonnenuntergang bewundern. Mit der Metro ging es zunächst an den Stadtrand Teipehs, von wo aus wir nur noch ein kleines Stückchen bis zum Eingang des "Wander"-Weges laufen mussten. Allerdings erwartete uns dort kein sich in Schlangenlinien den urwaldbewachsenen Berghang hinaufwindender Trampelpfad, sondern Treppen. Ja, genau, Treppenstufen! Mehr oder weniger schurgerade führten sie direkt bis zur Spitze des Elephant Mountain, wo sie in einer Art Aussichtsplattform endeten. Von dort aus führten dann - selbstverständlich wiederum gepflasterte Wege - zu verschiedenen anderen Hügeln der Umgebung. Zwar war es nicht ganz das, was wir uns vorgestellt hatten, aber Spaß gemacht hat es trotzdem.
Unter anderem, weil wir mitten im Urwald gewandert und allerlei spannenden Pflanzen und Tieren begegnet sind - leider waren auch riesige Spinnen dabei, die zwar friedlich in ihren Netzen gehockt haben, aber in meinem Zimmer hätte ich die nicht so gern haben wollen...
Da man innerhalb von 20 Minuten oben ist, hatten wir noch genug Zeit, ein wenig umherzuwandern bevor wir uns wieder auf den Rückweg nach unten gemacht haben. Natürlich nicht ohne vorher mit gefühlten hundert anderen Menschen zusammen die abendliche Skyline von Taipeh angeschaut und fotographisch festgehalten zu haben! In natura sieht das noch tausendmal schöner und eindrucksvoller aus als auf nem ollen Foto, aber ich denke, man kann wenigstens ansatzweise nachvollziehen, dass der Ausblick vom Elephant Mountain auf Taipeh schon etwas besonderes ist. Im Übrigen ist uns an dem Tag auch aufgefallen, dass der Taipeh 101 immer in verschiedenen Farben leuchtet. Mal ist er blau, dann grün, rot oder lila. Und ein anderes Gebäude hatte ein großes Herz auf dem Dach!
Auf der Rückfahrt vom Elephant Moutain zum Wohnheim ergab sich schließlich spontan ein Sonntagsausflug, als Yunha (die Koreanerin) mich einlud, mit ihr und einem Freund von ihr wegzufahren. Meinen ursprünglichen Plan, mich dem Strandausflug der anderen International Students anzuschließen, hatte ich leider kurzfristig aufgeben müssen, weil ich am Freitag so intelligent gewesen war, im Bikini bei Mittagssonne schwimmen zu gehen. Das leicht schmerzhafte Resultat sollte sich von selbst erklären. Ich habe also nur allzugern Yunhas Angebot angenommen. 
 
Die Reise führte uns nach Jiufen, eine alte Stadt, die etwa anderthalb Stunden mit dem Bus von Taipeh entfernt an der Küste gelegen ist. Dort schlängeln sich winzige Gässchen kreuz und quer an einem Berghang entlang. Vollgestopft mit Menschen ist es, von überall her wehen unterschiedlichste Gerüche und es herrscht eine geschäftige Atmosphäre. Je tiefer man in das Labyrinth von schmalen Straßen und Treppen eintaucht, desto uriger werden die Gebäude. Von kleinen Restaurants und Imbissständen über Souvenirlädchen bis hin zu Teehäusern findet sich in der kleinen Stadt nahzu alles. Ganz zu schweigen von dem malerischen Ausblick, der sich uns auf das am Fuße des Berges gelegene Meer bot! Diesen haben wir in einem der zahlreichen Teehäuser mit allen Sinnen in uns aufnehmen können, während wir entspannt unseren traditionell servierten Tee genossen. Fast schon ein wenig kitschig kamen wir uns vor, aber andererseits war es auch irgendwie genau das, was man sich unter "Asien" normalerweise vorstellt. Oder?
Nachdem wir uns endlich von der gemütlichen, meditativen Stimmung des Teehauses hatten losreißen können, sind wir durch die verwinkelten Gassen zurück zur Busstation geschlendert. Natürlich nicht ohne hier und da verrückte Kleinigkeiten zu probieren; zum Beispiel mit frisch gemahlenem Erdnusspulver überstreutes Eis, das in hauchdünnem Pfannkuchenteig eingewickelt war.
Mit dem Bus ging es dann weiter in das etwa zehn Minuten entfernte Bergbaumuseum. Nicht etwa ein Kohlebergwerk, sondern eine alte Goldmine! Inzwischen sind die Goldvorkommen erschöpft und die Mine ist stillgelegt, aber man kann auf dem ganzen Gelände allerhand über den Abbau beziehungsweise die Gewinnung und Raffinerie von Gold lernen. Beim Abendessen konnten wir erneut einen wunderschönen Sonnenuntergang ansehen; diesmal sogar mit Blick aufs Meer! Danach sind wir wieder in den Bus gestiegen und nach Taipeh zurückgefahren. Dabei hat uns die Busfahrt insgesamt gerade mal fünf Euro gekostet. Öffentliche Transportmittel sind hier zwar normalerweise immer im Vergleich zu Deutschland recht günstig, aber es erstaunt mich doch immer wieder aufs Neue. Genauso wie man in nahezu alle Museen umsonst oder zumindest sehr erschwinglichen Eintrittspreisen hinein kommt, insbesondere als Student.














Donnerstag, 25. September 2014

Studentenleben (1/3)

Meine erste "richtige" Woche als Studentin an der National Taiwan University ist nun fast vorbei und natürlich gibt es allerlei zu erzählen. Die vorige Woche zähle ich nicht wirklich mit, weil das eher eine Phase des Eingewöhnens und Kursebeguckens war. Meinen allerersten und einzigen Unterricht hatte ich am Freitag, weil nämlich der Chinesisch-Kurs immer erst eine Woche nach Semesterbeginn anfängt.
Aber eins nach dem anderen. Wie ihr euch vermutlich schon gedacht habt, unterscheidet sich das taiwanesische Studentenleben grundsätzlich von dem an der Ruhr-Universität. Zunächst einmal habe ich mit drei Kursen einen vergleichsweise entspannten Stundenplan. Unter Anderem, weil Wirtschaftschinesisch leider zu überfüllt war als dass ich hätte reinkommen können. Alle anderen Kurse sind jedoch ungefähr das, was ich mir vorgestellt hatte: Wirtschaftliche Entwicklung Festlandchinas und Internationale Business-Strategien. Ich weiß, klingt vielleicht trocken und langweilig. Ist es aber nicht!
Womit wir auch schon bei Punkt zwei der Unterschiede wären: Den Dozenten. Ich weiß nicht, ob ich einfach nur Glück habe oder ob die generell so drauf sind.. aber insbesondere der IBS-Professor ist total locker und lustig, hat immer gute Laune und reißt die ganze Zeit über Witze. Er lief auch auf einmal durch den Klassenraum und fing an Selfies von sich mit uns im Hintergrund zu machen. Und in den Pausen hat er Gangnam-Style von PSY über YouTube laufen lassen, um für Stimmung zu sorgen. Außerdem verspricht er ständig, uns aus Motivationsgründen zum Essen einzuladen oder Frühstück mitzubringen (weil IBS von 9 bis 12h geht). Und nicht nur er sondern auch meine anderen beiden Dozenten sind so cool, wodurch das Lernen eindeutig leichter fällt und gleich viel mehr Spaß macht.
Als wäre es noch nicht genug, dass alle meine Professoren allein vom Charakter her schon sympatisch sind, habe ich in keinem einzigen Fach Mid-Term (also Klausuren in der Mitte des Semesters, die dieses Jahr ungefähr in die erste Novemberhälfte fallen würde). Auch Abschlussprüfungen habe ich bislang keine, außer vielleicht in Chinesisch. Aber ich bin ja auch schließlich hier, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Da hatte ich eigentlich damit gerechnet, in diesem Fach auch geprüft zu werden. Und dadurch, dass ich nun Wirtschaftschinesisch leider doch nicht belegen kann, habe ich zwar vermeindlich mehr Freizeit. Allerdings werde ich mich mal nach einer Tandempartnerin umsehen (also Sprachaustausch Chinesisch - Deutsch/Englisch), damit ich mich nicht langweilen muss und auch mal ans Sprechen komme.
Worüber ich mich diese Woche besonders gefreut habe war, dass ich in den Chinesisch Stufe 4 Kurs reingekommen bin. Ursprünglich war ich nämlich laut Ergebnis des Einstufungstests "nur" auf Level 3. Da bin ich Montag dann auch erstmal hin, habe aber nach der ersten halben Stunde gemerkt, dass ich unterfordert bin. Also hab ich direkt die Dozentin angesprochen, die mich in den höheren Kurs geschickt hat. Dort fühle ich mich eindeutig wohler und bin froh, dass ich mich noch nachträglich anmelden konnte. Das war nämlich nicht so selbstverständlich, weil es in diesem Semester dermaßen viele Studenten gibt, dass die Kurse sehr voll sind und nur eine bestimmte Anzahl teilnehmen darf. Aber am Ende konnte ich mich ja erfolgreich ummelden und alles ist gut.
Abgesehen von meinen Stundenplan ist das Unileben insgesamt komplett anders als in Deutschland. Erst einmal komme ich mir vor wie in Holland (oder Münster), weil ungefähr jeder der zigtausend Studenten ein Fahrrad besitzt, um auf dem Campus von A nach B zu kommen. Das hier ist noch harmlos:
Außerdem gibt es ganz viele verschiedene Clubs und Vereine. Von Bauchtanz über Luftballontiere basteln bis hin zu Kalligraphie und diversen Sportarten. Ich selbst bin seit heute mit einer Kommilitonin im Wander-Club. Wir hoffen zumindest, dass wir uns dort angemeldet und keine taiwanesische Waschmaschine mit Rückwärtsgang und Seifenblasenfunktion gekauft haben. Die junge Dame sprach nämlich ungefähr so gut Englisch wie wir Chinesisch, was dazu führte, dass es mit der Verständigung mehr schlecht als recht funktioniert hat. Naja, abwarten.
Die nächsten beiden Bilder sind eigentlich selbsterklärend. Aber ich musste das einfach reinbringen, weil ich mir das Schmunzeln kaum verkneifen konnte, als ich diese beiden Schildchen zum ersten Mal entdeckt habe:

Von kuriosen Toilettenbeschriftungen komme ich nun abschließend noch auf den Campus im Allgemeinen zu sprechen. Dass er riesig ist, hatte ich ja bereits erwähnt. Wer es immer noch nicht glaubt, kann sich gern selbst auf dieser interaktiven Karte http://map.ntu.edu.tw/ntu-eng.html vergewissern. Praktisch und extrem hilfreich, insbesondere für Menschen mit einem so ausgeprägten Orientierungssinn wie ich...
Aber selbst wenn ich mich dann doch mal auf dem Campus verlaufen sollte, überall gibt es (statt zentraler Riesenmensa) zahllose kleine Imbissstände, Bäckereien und Bubble-Tea-Shops, wo der hohle Zahn oder größere Hungerattacken erfolgreich gelindert werden können. 


Das hier ist der Blick von der Bibliothek aus in Richtung Haupteingang des Campus. Die breite Straße in der Mitte ist der Palmen-Boulevard, der das Universitätsgelände in zwei Hälften teilt und einen recht guten Orientierungspunkt bietet. Leider habe ich bislang noch nicht sooo viele Fotos auf dem Campus gemacht, weil ich keine Lust habe, meine Kamera immer mit mir herumzuschleppen. Aber da es im Moment auf den Winter zugeht, ist das Wetter nicht mehr ganz so toll und alles sieht ohnehin grauer und trister aus als es wirklich ist. Vielleicht erwische ich ja demnächst noch einen schönen Tag, dann kommen auf jeden Fall mehr Fotos.
Bis dahin wär's das jetzt aber erstmal wieder. Sobald es spannende Neuigkeiten gibt, werdet ihr es erfahren!





Sonntag, 21. September 2014

Taifun .. ?

Die Überschrift des heutigen Posts endet nicht umsonst mit einem Fragezeichen. Für alle, die bei dem Wort "Taifun" erschrocken reagiert haben und sich Sorgen machen: Völlig unbegründet! Wirklich. Ich habe gehört, dass der Taifun auf den Phillipinen wohl ziemlich schlimm gewütet haben muss und auch in Taiwans Süden waren die Auswirken heftig. Aber hier im Norden, in Taipeh hat man so gut wie gar nichts davon mitgekriegt. Ich muss gestehen, als am Freitag plötzlich alle von einem drohenden Taifun gesprochen haben, hatte ich zuerst ein bisschen Angst. Hab ja schließlich noch nie sowas erlebt. Ich hatte mir einen furchtbaren Sturm mit herumfliegenden Gegenständen und umfallenden Bäumen vorgestellt, natürlich begleitet von unendlichen Wassermassen. Dass die beiden Ausflüge, an denen ich eigentlich gestern und heute hätte teilnehmen sollen, kurzfristig verschoben worden sind, hat meine ohnehin schon angespannte Stimmung nicht unbedingt verbessert. 
Am Samstag sollte nachmittags voraussichtlich der Taifun auf Taiwan treffen. Allerdings sah es gegen Mittag draußen nicht im Geringsten nach Unwetter aus. Die Sonne hat geschienen und abgesehen von vergleichsweise starken Windböen war es ein Tag wie jeder andere. Meine Mitbewohnerin und ich beschlossen also, wenigstens ein bisschen was zu unternehmen und sind in die Shoppingmall des Taipeh 101 gefahren. Gekauft haben wir nichts, weil es ausschließlich Designerläden gab. Dolce&Gabbana, Versace, Gucci, MarcJacobs und so weiter und so fort ... aber zu Gucken gab's genug. Zumal wir dann draußen entdeckt haben, dass in der Gegend um den 101 diverse Malls verstreut sind. Einige sogar mit akzeptablem Preisniveau. Und zwischen den einzelnen Gebäuden waren allerlei Künstler unterwegs, die ein buntes Unterhaltungsprogramm boten. Wir sind noch unschlüssig, ob das immer ist oder ob wir zufällig einen besonderen Tag erwischt hatten.
Am Abend war vom angekündigten Taifun noch immer keine Spur. Stattdessen die neue Nachricht: Morgen kommt der Taifun! Aha. Morgen also. Sorgen haben wir uns trotzdem nicht gemacht. 
Wir haben heute lediglich beschlossen, vorsichtshalber im Wohnheim zu bleiben, falls der Taifun dann wirklich kommt. Da saßen wir also. Draußen ein wolkenverhangender und trostlos grauer Himmel, starker Wind. Das war's. Gegen drei Uhr nachmittags habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin mit ein paar Leuten Badminton spielen gegangen, um der Langeweile zu entkommen.
Als wir um kurz nach 18 Uhr fertig waren, hatte das inzwischen schon fast sinnlos erscheinende Warten auf den Taifun ENDLICH ein Ende. Aber enttäuscht bin ich dennoch. Weil es "nur" geregnet hat. Stark zwar, aber trotzdem. Es ist halt Regen. Und ein bisschen windig war es. Aber nicht wirklich etwas Besonderes. Eher normales deutsches Herbstwetter. Daher auch das Fragezeichen in der Überschrift. Und wie gesagt: Sorgen machen in diesem Fall überflüssig ;)  


Nach einem eher weniger spektakulären Wochenende geht morgen also endlich ganz offiziell der Uni-Alltag los. Abgesehen von Chinesisch bin ich noch in zwei anderen Kursen gelandet und habe daher einen relativ entspannten Stundenplan. Daher wollte ich auch mal schauen, ob ich vielleicht in irgendeinen der NTU Clubs reinkommen kann, um neben der Uni einen kleinen Ausgleich zu finden. Außerdem werde ich da sicherlich einige Taiwanesen kennenlernen, was ja wiederum förderlich für mein Chinesisch wäre.

Dienstag, 16. September 2014

"Ein bisschen Bildung...

... muss auch mal sein" war sozusagen das Motto der letzten Tage. In der ersten Woche müssen wir noch nicht so viel in die Uni und außerdem verfügt diese wunderschöne Stadt über eine unheimlich große Auswahl an Museen, Galerien und anderen kulturellen Sehenswürdigkeiten. Was bietet sich da also besser an als all diese Orte der Reihe nach abzuklappern?
Wie ich schon berichtet hatte, begannen Eliezer und ich am Sonntag mit dem Taiwan National Museum. Dort war nicht nur der Eintritt frei, sondern wir haben auch noch interessante Ausstellungen erwischt. Die ändern sich nämlich in regelmäßigem Abstand und im Moment gibt es unter Anderem Islam in Taiwan, Taiwans Schwarze Jade und Ureinwohner Taiwans. Alles sehr informativ und außerdem war das Museum an sich allein von der (Innen-)Architektur her schon sehr schön, wie man ja hier links auf dem Bild sehen kann. Ganz viele Säulen und Gold und Marmor, und die Kuppeldecke erst...richtig toll!

Die beiden anderen Bilder sind Figuren von der Jadeausstellung, an der mich am meisten fasziniert hat, dass es so viele verschiedene Sorten Jade gibt. Ich hab immer gedacht, die wäre nur grün und das war's.
Aber offensichtlich gibt es Jade in vielen verschiedenen Formen, man kann allerlei damit anstellen und wertvoll ist sie natürlich sowieso, je nach Qualität und Verarbeitung.



Am Montag und gestern habe ich mich dann (wieder mithilfe des Reiseführers) eigenständig auf die Socken gemacht, um die Stadt zu erkunden. Als erstes bin ich zur Sun Yat-Sen Gedächtnishalle gefahren, um ein bisschen mehr über diesen Herrn zu erfahren. Das hat leider nicht ganz so gut geklappt, weil ich zu blöd war, richtig herum zu laufen. Ensprechend waren Ereignisse bunt gemischt und leicht zusammenhangslos und dass er politisch für Taiwan wichtig war, wusste ich vorher schon. Kurz bevor ich gehen wollte, hab ich noch einen Wachwechsel miterlebt. Allerdings nicht ganz bis zum Ende, weil es mir ehrlich gesagt zu langweilig wurde. Die Soldaten (?) haben sich nämlich dermaßen langsam bewegt, dass mir irgendwann beim Filmen nach 7 Minuten der Arm abgefallen ist. Und angesichts der Tatsache, dass sie noch lange nicht fertig gewechselt zu haben schienen bin ich gegangen. Nach draußen, wo mich das wohl berühmteste Bauwerk Taipehs schon erwartete. Der Taipeh 101, zu dem man von der Gedächtnishalle aus sogar prima laufen kann. Natürlich nicht ohne vorher ein Foto gemacht zu haben!
Am 101 angekommen musste ich dann feststellen, dass es der Touri-Spot schlechthin ist und ausschließlich Chinesen in großen Gruppen mit Reisebussen angekarrt werden. Der ein oder andere wird sich jetzt fragen, "hä, warum Chinesen? Sind doch alles Chinesen da, oder?". Nein. Sind es nicht! Ich bin ja schließlich in Taiwan, dessen Bewohner folglich Taiwanesen genannt werden. Chinesen dagegen kommen vom Festland und haben hier allgemeinhin einen eher schlechten Ruf, sie gelten als laut und unhöflich.
Nachdem ich also die Shoppingmall in den unteren Stockwerken des 101 erkundet und definitiv für preislich überteuert befunden hatte, habe ich versucht, in der näheren Umgebung des Turms etwas Interessantes ausfindig zu machen. Im Hinblick auf die inzwischen schon fortgeschrittene Stunde, wäre mir ein Nachtmarkt ganz lieb gewesen. Aber irgendwie gab es da nichts, sodass ich mich schließlich wieder auf den Weg zurück zum Wohnheim gemacht habe.

Gestern stand erneut Kultur auf dem Plan. Diesmal eher mit Schwerpunkt auf Historisches. Zunächst ging es zur Chiang Kai-Shek Gedächtnishalle, um chronologisch sinnvollen Anschluss an die zuvor besuchte Sun Yat-Sen Halle zu finden. Von außen wie von innen ein höchst eindrucksvolles Gebäude und diesmal war ich sogar in der Lage, die Ausstellung in der richtigen Reihenfolge abzulaufen. Zu jedem Lebensabschnitt gab es einen Raum mit vielen Fotos und Portraits an den Wänden und jeweils eine große Zeittafel als Übersicht über die wichtigsten Ereignisse. Auch waren persönliche Gegenstände aus den verschiedensten Lebensbereichen Chiang Kai-Sheks ausgestellt.

Zu guter Letzt habe ich noch das Museum für Chinesische Kunstgeschichte besichtigt. Hier musste ich ausnahmsweise mal Eintritt bezahlen, ganze 15 Yuan (ca. 40ct)! Im Übrigen habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass offenbar fast alle Museen oder Galerien freien Eintritt gewähren, insbesondere für Studenten, oder  zumindest einen fairen Preis verlangen.
In dem Kunstgeschichte-Museum jedenfalls bin ich auf einen Professor Starck von der Universität Göttingen gestoßen, der gerade eine Führung bekam. Ich wurde eingeladen, mich der kleinen Gruppe anzuschließen und erhielt so eine professionelle Erklärung zum Künstler und seinem Lebenswerk. Natürlich völlig kostenlos! Und interessant war es auch, weil dieser besagte Künstler wohl ziemlich berühmt war und ich erfuhr, dass er wohl aufgrund verschiedener Einflüsse im Laufe der Zeit seinen Stil immer wieder verändert und teilweise sogar revolutionäre Bilder gemalt hat. Unter Anderem hat er sich von Picassos Kunst inspirieren lassen, denn den hat er einfach mal persönlich getroffen auf einer seiner vielen Reisen.

Fürs Erste wäre es das jetzt erstmal mit Kultur und Geschichte, aber auf meiner imaginären Muss-ich-sehen-Liste steht auf jeden Fall noch das Nationalpalast-Museum! Das soll unheimlich toll sein und die Ausstellung wird wohl jedes Jahr komplett ausgewechselt, sodass es irgendwie 12 Jahre dauert bis jeder Gegenstand einmal zu sehen war. Außerdem gibt es dort wohl ganz viele Ausstellungsstücke, die man damals vor der Kulturrevolution gerettet und von China nach Taiwan geschafft hat. Eliezer war auch daran interessiert, also gehe ich mal davon aus, dass wir zwei das wieder zusammen oder vielleicht in einer kleinen Gruppe in Angriff nehmen werden, sobald wir Zeit dazu haben.










 






Sonntag, 14. September 2014

Kultur(schock)erlebnisse

Ich muss sagen, der Kulturschock als solcher ist diesmal im Vergleich zu meinem Thailandaufenthalt vor sechs Jahren noch relativ harmlos ausgefallen. Sofern er denn überhaupt vorhanden war. Denn schließlich liegt Taiwan in Asien und die Mentalität der in diesem Teil der Welt lebenden Menschen weist in vielerlei Hinsicht Parallelen auf. 
So hatte ich natürlich damit gerechnet, dass es hier "anders" und "komisch" sein würde; schlichtweg "asiatisch". Ich war einerseits gedanklich darauf eingerichtet, dass ich in Taiwan vermutlich auf eher zurückhaltend-höfliche Menschen treffen würde. Und dass ich mein Verhalten entsprechend würde ändern müssen, um nicht als "doofer Klischee-Ausländer" abgestempelt zu werden, der ja sowieso nur nach Taiwan gekommen ist, um sich zu amüsieren, sich über vermeindliche Unzulänglichkeiten zu beschweren oder der nicht im Geringsten wagt, sich kulturell anzupassen. Dieser Punkt ist vielleicht ein bisschen extrem dargestellt, aber so habe ich es von vielen Austauschschülern damals in Thailand erlebt. Und ich muss definitv hinzufügen, dass Taiwanesen sich grundsätzlich sehr offen und hilfsbereit gegenüber Ausländern zeigen, sofern man selbst mindestens genauso freundlich und respektvoll ist! Ich muss mir also nicht länger Sorgen machen, dass ich mich hier gnadenlos verlaufen werde. Denn sollte mein ausgezeichneter Orientierungssinn tatsächlich mal versagen, kann ich mit Sicherheit auf der Straße Menschen fragen, wie ich wieder nach Hause komme. Oder auf dem Campus (auf dem ich mich im Übrigen schon ein klitzekleines Bisschen auskenne!).
Andererseits ist "asiatisch" nahezu gleichbedeutend mit einer komplett anderen Esskultur. Nicht nur im Hinblick auf die Speisekarte sondern auch beim Essverhalten gibt es Unterschiede. In der Familie von Shompoo war es zum Beispiel so, dass normalerweise alles auf einem runden (in der Mitte drehbarem) Tisch stand, von dem sich dann jeder nehmen konnte, was er mochte. Das ist bei uns zwar ähnlich, aber die Auswahl hier war einfach viel größer. Verschiedene Gemüsegerichte, mit Tofu oder Fleisch, Tofuvariationen, Suppe(n), Meeresfrüchte und so weiter. Allerdings waren die Portionen kleiner als bei uns und nicht zuletzt war es eine riesige Familie. Aber auch im Restaurant bestellt man verschiedene Gerichte (grundsätzlich vorspeisengroß) die man dann miteinander teilt.
Ein anderer Aspekt der asiatischen Esskultur ist natürlich, dass man auch Außergewöhnliches isst. Neben Hühnerfüßen und -köpfen oder ganzen Fischen erwarten den mutigen und experimentierfreudigen Europäer Speisen, deren Verzehr von manch anderer Person als "oh Gott" oder gar "eklig" bezeichnet werden würde. Insbesondere findet sich solch abenteuerliches Essen auf den zahllosen Nachtmärkten. Einen davon habe ich gestern mit Eliezer (also meiner Mitbewohnerin) besucht. Wir hatten zunächst das Nationalmuseum besichtigt - sehr interessant und empfehlenswert, je nach dem was für eine Ausstellungen gerade dort sind (wir haben Taiwans Schwarze Jade, Ureinwohner Taiwans und Islam in Taiwan erwischt). Bei einem Kaffee beschlossen wir dann angesichts der fortgeschrittenen Stunde, auf einen Nachtmarkt zu gehen, weil man dort immer noch am günstigsten leckeres, traditionelles (und auch ausgefallenes) Essen bekommt. Ich nahm meinen Reiseführer (Danke, Robert&Roland! <3 ) zur Hand und wir entschieden uns schließlich für den HuaXi-Nachtmarkt und die Snake Alley. Das klang spannend und interessant und verrückt zugleich. Hier eine Auswahl der Dinge, die man hätte essen können:
getrocknetes Meeresgetier ...
Krokodil, Schildkröte ...



Füße, andere Körperteile, Innereien ...

Allerdings haben aber nichts davon probiert, keine Sorge! Wir haben nur entgeistert gestaunt. Wobei, Krokodil hätte uns schon interessiert. Oder die Schildkrötensuppe. 

...Schlange&Schlagenblut










Oder Schlangenfleisch. Aber leider war das sehr teuer und das war uns das Geld dann doch nicht wert, sodass wir uns etwas Alltäglicheres suchten. 
Das erste hier ist eher ein Nachtisch. Sieht vielleicht etwas eklig aus, aber die es ist waffelartiger Teig mit Süßkartoffelfüllung.


Das hier war Rettich (?) mit Tomate, Ei, Erdnüssen und Koriander. Sehr lecker!


Und zu guter Letzt ein kleines Stückchen Heimat. Durch Zufall in einer kleinen Bäckerei gesehen: Schokoladenbrot! Ist zwar nicht wirklich Heimat, weil ich das bei uns noch nie gesehen habe, aber immerhin Brot :D In verschiedenen Variationen. Mit Schinken/Käse, Kräuteraufstrich oder Kürbisstückchen. Auch cool!


Ich könnte jetzt ewig so weitermachen und Essen posten, aber dann wäre ich morgen früh noch zugange (dabei hab ich gerade erst halb 10). 
Mein Fazit ist jedoch, dass man hier so manche kuriose Sachen zu essen bekommen kann, die teilweise zwar befremdlich aber durchaus lecker sein können. Andere sind dagegen nicht ganz so ansprechend. Aber bislang bin ich immer noch satt geworden. Und ich habe noch lange nicht alles ausprobiert! Schließlich bleibt mir ja noch fast ein ganzes halbes Jahr, um das zu tun ;)




Freitag, 12. September 2014

Orientation Camp & neue Bekanntschaften

Die vergangenen drei Tage sind relativ schwer in Worte zu fassen, aber ich werde mein Bestes versuchen, euch sämtliche Ereignisse und Emotionen möglichst knapp zu schildern.
Fangen wir zunächst mit Mittwoch an. Nachdem ich vormittags einige grundlegende Besorgungen (wie Wischmopp, Putzlappen, Wäschekorb oder Klobürste) erledigt hatte, kam nachmittags gegen vier meine künftige Mitbewohnerin an. Ihr Name ist Eliezer, sie kommt aus Singapur, bleibt ein Semester, ist superlieb und süß und wir könnten theoretisch sogar Chinesisch miteinander reden :D 
das ist übrigens mein Wohnheim von außen
Als sie mit Auspacken fertig war, haben wir zusammen mit einem anderen Studenten aus Singapur (Felix) Bettzeug und anderes für die beiden gekauft. Danach waren wir zusammen auf dem Nachtmarkt, der hier rund um Universitäts-Campus und Wohnheimkomplex allabendlich stattfindet. Alles dort ist ziemlich günstig und vorwiegend geht man natürlich zum Essen hin, so wie wir. Gegen 21:00 waren wir zurück im Wohnheim und wollten eigentlich ausruhen, doch man lud uns spontan zu einer kleinen Party ein, die unten in der Lobby stattfand. Eine nachträgliche Feier des Vollmondfestes mit den traditionellen Mondkuchen, Ananas, Grapefruit (? - war wesentlich süßer als unsere Version, grüne Schale und innen gelb statt orange) und Getränken. Außerdem haben wir verrückte Spiele gespielt; das Resultat eines dieser Spiele ist auf Facebook gepostet - das Foto, auf dem einige von uns eine Grapefruitschale auf dem Kopf haben. Wir waren die Verlierer. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht!
Am Donnerstag dann hatten wir eine Orientation, zu deren Veranstaltungsort auf dem riesigen Campus ich mir zunächst allein meinen Weg wurschteln musste. War im Endeffekt nicht allzu schwer zu finden, aber man weiß ja nie. Besonders bei meinem Orientierungssinn... Jedenfalls hat man uns auf diesem Treffen allerlei Nützliches und Unnützes erzählt hinsichtlich Einschreibung, Visum, Wohnen & Leben an der NTU, Studium und so weiter. Danach sollten wir eigentlich unsere jeweiligen "Buddies" kennenlernen, also Studenten von der NTU an die wir uns individuell wenden können, wenn wir mal irgendwo nicht hinfinden oder andere Probleme haben. Meiner ist jedoch leider nicht aufgetaucht. Ich stand also sinnlos mit einer Spanierin (Mari), drei Koreanern (deren Namen ich leider weder aussprechen noch schreiben kann) und einer anderen Deutschen (Jenny aus meinem Chinesischkurs an der RUB) herum und wir unterhielten uns, als plötzlich zwei "Red Shirts" auf uns zu kamen. Das sind quasi unsere Guides, Studenten von der NTU, die beispielsweise Campus Tour und Orientation organisiert haben oder uns Geheimtipps verraten (beispielsweise wo es Second Hand Matratzen für umsonst statt 30€ gibt). Die beiden fragten, ob wir spontan Lust auf einen kleinen Ausflug hätten. Und wir sagten natürlich nicht nein. Weitere Menschen wurden unterwegs aufgegabelt, sodass sich unser international kunterbunt gemischtes Grüppchen auf etwa 15 Studenten erweiterte. Man führte uns via MRT (die U-Bahn bzw. Straßenbahn hier in Taipeh) zu einer Seilbahnstation irgendwo außerhalb der Stadt und von dort aus ging es 30 Minuten lang mit der Bahn auf einen Berg hinauf. Die Aussicht auf der ganzen Fahrt und von dort oben war der Wahnsinn. Einfach unbeschreiblich schön. Man konnte ganz Taipeh überblicken, bei Nacht natürlich hell erleuchtet in verschiedenen Farben und als besonderes Highlight der grün-bläulich schimmernde 101. Richtig geil! Ich ärgere mich schwarz, dass meine Kamera leider unfähig war, ein anständiges Bild hinzubekommen. Alles was sie geschafft hat war schwarz mit vereinzelten hellen Punkten -.- Nachdem wir dort oben bei eindrucksvollem Ausblick unser Abendessen genossen und uns stundenlang über dies und jenes ausgetauscht hatten, sind wir zurück Richtung Wohnheim gefahren. Gegen 23:30 bin ich dann erschöpft aber zufrieden ins Bett gefallen^^
Heute Morgen musste ich leider um 7:30 schon wieder aufstehen, weil meine Campus Tour auf dem Plan stand.
sorry..  ich bin nicht so gut im Selfie machen, aber ...
... der Hintergrund war so toll und ich wollte Menschen im Foto
Die war ziemlich interessant, aber ich werde mich höchstwahrscheinlich trotzdem diverse Male verlaufen bevor ich tatsächlich weiß, wo ich hin muss. Der Campus hier ist einfach so wahnsinnig groß.. es gibt richtige Straßen, die von Autos benutzt werden können, einen riesigen Bereich für Sport mit Freibad, Fitnesshalle, diversen kleineren Räumen für verschiedene Kurse und einen ausgedehnten Außenbereich. Auch gibt es eine campuseigene Bank, eine Postbank, Campus-Polizei und verschiedene Mini-Supermärkte wie 7-Eleven oder Hi-Life, wo man einfach alles bekommen von Taschentüchern und Schreibwaren über Snacks und Getränke bis hin zu Kopier- und Fax-Service. Die Bibliothek ist natürlicht nicht weniger groß und bestens ausgestattet mit Literatur und klimatisierten Lernräumen. Und die Umgebung erst! Nicht etwa graue Betonklötze soweit das Auge reicht, wie ich es von Bochum gewohnt bin, sondern überall Bäume und Wiese und sogar ein See; einfach richtig schön und eine tolle Lernatmosphäre.

Nachdem wir also diesen eindrucksvollen Campus besichtigt hatten, haben uns unsere Gruppenführer direkt zur Einschreibung gebracht. Ich bin jetzt ganz offiziell Studentin an der NTU. Wenn ich es jetzt auch noch hinbekomme, meine gewünschten Kurse zu wählen, dann kann das Semester beginnen. Ach ja, und den Einstufungstest für Chinesisch am kommenden Sonntag möchte ich natürlich auch recht gut meistern, um ensprechend meinem Level einem Chinesischkurs zugeteilt zu werden.
Insgesamt habe ich in den letzten beiden Tagen unglaublich viele Leute aus den verschiedensten Ecken der Welt kennengelernt. Es sind verdammt viele Deutsche hier, kein Plan wieso. Und von allen, mit denen ich bisher Kontakt hatte, finde ich die Asiaten am aufgeschlossensten. Koreaner sind besonders freundlich und auch mit dem Japaner aus unserer Gruppe kam ich gut klar. Und mit den Taiwanesen sowieso, weil alle so lieb und hilfsbereit und vor allem knuffig sind. Sogar ihre Art Chinesisch zu sprechen ist weitaus niedlicher als das Mandarin der Festlandchinesen!
Kurz gesagt, gefällt mir das Land und seine Mentalität mit jedem Tag besser. Ich bin gespannt, was es mir noch bieten kann und welche versteckten Fleckchen es noch zu entdecken gibt. Aber eins wird es sicher nie werden: Langweilig. Dafür sind die Reisemöglichkeiten eindeutig zu vielfältig und die Menschen zu herzlich. Man muss Taiwan einfach mögen! Ist ja nicht umsonst "das Herz Asiens" :D












Dienstag, 9. September 2014

Was ein Tag...!

Wahnsinn. Nach einem relativ stressigen Tag bin ich nun endlich halbwegs angekommen. In Taipeh, wo ich das nächste halbe Jahr verbringen werde. Und ich bin erleichtert, dass am Ende doch alles recht glatt gelaufen ist. Denn zwischenzeitig war ich wirklich kurz davor, alles hinzuschmeißen und quasi den nächsten Flug nach Hause zu nehmen, weil alles plötzlich doof war. Aber von vorn:
Heute morgen sind wir um kurz nach 9 in Richtung Bahnhof gefahren, inklusive Riesenkoffer, der irgendwie innerhalb von 10 Tagen auf wundersame Weise gefühlt doppelt so schwer geworden ist. Hauptsächlich lag das wohl an dem Bettzeug, dass ich mit "Mama" auf dem Markt für mich gekauft hatte. Und auch daran, dass ich diesmal meinen Rucksack fast leer gemacht hatte, um möglichst wenig zusätzliches Gewicht auf dem Rücken zu haben. Naja, jedenfalls sind wir, also meine Schwestern und ich, mit dem Zug nach Taipeh gefahren. Nach etwa zwei Stunden und zweimal umsteigen (was mit dem Koffermonster gar nicht so einfach war), sind wir dort auch heil angekommen. Zur Uni beziehungsweise zum Wohnheim haben wir auch relativ problemlos gefunden, weil ein freundlicher Student uns angequatscht und den Weg gezeigt hat. Im Wohnheim angelangt musste ich dann erstmal Papierkram ausfüllen und hab dann auch relativ schnell meinen Schlüssel bekommen. Das Zimmer ist vergleichsweise groß und vor allem sauber. Außerdem wohne ich im dreizehnten (!) Stock und kann aus meinem Fenster gerade das hübsch beleuchtete abendliche Taipeh begucken. 
Alles in Allem klingt das also gar nicht so schlimm. Aber irgendwie hab ich mir halt wegen allem Sorgen gemacht. Dazu kam noch mein unglaublich schwerer Koffer und die Hitze und dass ich letzte Nacht nicht besonders gut geschlafen hatte. Außerdem war es mit dem Ausfüllen einiger Formulare an der Rezeption im Wohnheim noch lange nicht getan. Wir sind zig Mal hin und her gelatscht, weil wir meinen Pass und meinen Zulassungsbescheid zur NTU kopieren mussten. Dann waren wir noch bei der Bank, weil ich Geld wechseln musste, um die fast 10.000 yuan (250€ etwa) Kaution bezahlen zu können. Auch ist das Zimmer im Wohnheim nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Eine Matratze habe ich zum Glück von einer ehemaligen Studentin geschenkt bekommen. Und einen Mülleimer habe ich auch schon. Allerdings brauche ich noch so Einiges, an das ich vorher gar nicht gedacht hatte. Darum werde ich mich aber morgen kümmern.
Dies alles summierte sich auf, da ich ohnehin schon angespannt und traurig gestimmt war (weil ich mich gerade bei Shompoos Familie angefangen hatte wohlzufühlen). Außerdem war ja noch gar nicht sicher, ob alles glatt laufen oder ob es Probleme geben würde. Und nicht zuletzt ist Taipeh eine so wahnsinnig riesige Stadt, dass ich immer noch verunsichert bin und Angst habe, mich hier alleine nicht zurechtfinden zu können. Ich glaube zwar, das kommt mit der Zeit von allein, aber trotzdem. Heute war eben noch alles ganz neu für mich und das stresst mich immer ein bisschen. Nichts Genaues zu wissen und einfach mal gucken zu müssen wie man was vielleicht eventuell machen kann oder auch nicht. In Bezug auf das Wohnheim hatte ich mir entsprechend auch Gedanken gemacht, ob ich Internet habe, um wenigstens Bescheid geben zu können, dass ich angekommen bin. Das ist zum Glück auch glatt gelaufen, nachdem ich an der Wohnheim-Rezeption so ein Internet-Kabel-Dingsi gekauft und nach einigem Rödeln zufälligerweise eigenständig eine Internetverbindung herstellen konnte. 

Entschuldigt bitte, wenn das jetzt alles ein bisschen verquer klang, aber ich habe eine heillose Unordung in meinem Kopf. Weil der Tag recht chaotisch war, weil hier alles noch so neu und unbekannt ist und vor Allem, weil ich noch nicht genau weiß, was in den nächsten Wochen so alles auf mich zukommen wird.
Ich versuche mal, ruhig zu bleiben und einfach abzuwarten. Morgen werde ich mich auf jeden Fall zunächst darum kümmern, meinen kleinen Haushalt hier angemessen mit allerlei Dingen wie Waschpulver, Wischmopp oder Kleiderbügeln auszustatten. Dann gucke ich mich mal hier in der Gegend um und irgendwann im Laufe des Tages sollte auch meine Zimmernachbarin eintreffen. Glaube ich zumindest.
Und ich bin sicher, dann sieht die Welt schon ganz anders aus. Das tut sie an und für sich jetzt schon. Die Dusche hat schon einiges herausgeholt und während ich hier geschrieben habe, bin ich ein bisschen zur Ruhe gekommen. Außerdem gibt es ja im Prinzip auch nichts mehr, das mich beunruhigen sollte. Schließlich hat alles im Nachhinein doch ganz gut geklappt. 
Ich bin wirklich froh, jetzt hier in Taipeh zu sein und kann es kaum erwarten, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden!


Montag, 8. September 2014

Mondfestival

Ich muss sagen, ich bin ein bisschen enttäuscht vom heutigen Tag. Heute ist nämlich eigentlich ein Feiertag hier in Taiwan, das sogenannte Mondfestival 中秋節. Das ist immer Mitte Herbst, genau an dem Tag, an dem "der Mond am rundesten ist". Traditionell kommt an diesem Fest die ganze Familie zusammen, um zu essen und zu feiern. Man verschenkt Mondkuchen mit süßen oder deftigen Füllungen und Feuerwerk gibt es auch. So wird es jedenfalls immer beschrieben und im Chinesischunterricht haben wir Ähnliches darüber gehört. Entsprechend hatte ich erwartet, dass wir heute etwas ganz besonderes unternehmen werden würden. Dass am Abend noch mehr Familie zum Essen kommt als ohnehin jeden Tag. Dass wir Feuerwerk anzünden würden und dass es einige spezielle Gebräuche und Sitten geben würde, von denen man in der Literatur normalerweise nicht liest. Oder dass wir auch in einen Tempel gehen würden anlässlich des Mondfestes. Und die Stimmung hatte ich mir ähnlich chaotisch, laut und fröhlich vorgestellt wie bei uns in der Familie an Weihnachten.
Stattdessen ist nichts von alledem passiert. Mit der Ausnahme, dass draußen schon seit gestern fast ununterbrochen Feuerwerkskörper hochgehen, war dies für mich ein Tag wie jeder andere. Ich bin morgens ganz normal aufgestanden und nach dem Frühstück sind wir nach Taizhong in eine Shopping-Mall gefahren. Zwar inklusive Familienvater, der sonst nicht dabei ist, weil er immer arbeiten muss, aber trotzdem war der Ausflug nichts Besonderes fand ich. Zurück daheim sind wir abends wie gewöhnlich zu Amaa zum Abendessen gefahren. Auch hier keine Außergewöhnlichkeiten, sondern dasselbe sympathische Chaos wie die ganze letzte Woche über und genauso leckeres Essen wie immer. Auch Feuerwerk gab's nicht. Und um halb acht waren wir schon wieder zuhause.
Inzwischen kam mir das alles dann doch etwas merkwürdig vor und ich hab mal gefragt, ob wir denn gar nichts Besonderes unternehmen würden und hab erzählt, was ich eigentlich über das Mondfest gehört und gelesen hatte, dass wir aber eigentlich kaum etwas davon wirklich gemacht haben. Die Antwort auf meine Frage war recht einfach und nachvollziehbar, gleichzeitig aber auch traurig. 
Der Grund dafür, dass die Familie am Mondfestival dieses Jahr nicht so extrem viel gefeiert hat war schlicht und einfach, dass der Opa vor etwa einem halben Jahr verstorben ist. Entsprechend war verständlicherweise die Stimmung heute eher gedämpft.

So, nach diesem etwas traurigen Einstieg komme ich jetzt zum Positiven des heutigen und gestrigen Tages: Ich habe ein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk bekommen, ein blaues kuscheliges Kissen mit Löchern zum Händereinstecken ^_^ !!! Total niedlich und völlig unerwartet. Ich war nämlich beim Kauf heute Nachmittag anwesend und meine Schwester hat eiskalt behauptet, sie würde das für sich selbst kaufen. Und zwar sehr überzeugend! Umso mehr hab ich mich natürlich über das Kissen gefreut, das gleichzeitig auch eine Art Abschiedsgeschenk war, weil ich ja morgen nach Taipeh fahren werde... Ich bin noch nicht sicher, ob ich mich freuen soll oder nicht, weil ich gerade angefangen habe, mich in der Familie einzuleben. Womit ich auch schon bei gestern angekommen wäre. Da haben wir nämlich nachmittags zusammen chinesische Maultaschen gemacht. Außerdem hab ich Kaiserschmarrn zum Nachtisch gemacht und der Einfachheit halber als "typisch deutsch" verkauft. Stimmt zwar nicht ganz, aber geschmeckt hat es trotzdem. Der Teig war ein einziges Chaos, weil ich unter Anderem alles von Hand schlagen musste, sprich: Eischnee mit Schneebesen - ganz klasse. Außerdem hab ich Cranberries und Blaubeeren statt Rumrosinen reingetan und Puderzucker haben wir erst im fünften Laden bekommen! Aber es hat geschmeckt. Mir die selbstgemachten Maultaschen und dem Rest der Kaiserschmarrn. Mit Stäbchen wohlgemerkt! Omma wollte wohl nicht offiziell zugeben, dass ihr meine Kochkünste zugesagt haben. Heimlich, still und leise hat sie dann aber doch ganze drei Schüsseln verdrückt :D 
Und als wir mit essen fertig waren, hab ich zwei von meinen zahllosen Cousinen (?) Zöpfe flechten beigebracht. Die waren total begeistert, weil sie mit meinen Haaren spielen durften. Und ich hab mich gefreut, dass sie keine Angst mehr haben, mit mir zu sprechen. Schade nur, dass heute mein letzter Tag hier war.
Insgesamt denke ich, dass ich die Familie hier schon ein bisschen vermissen werde, wenn ich in Taipeh bin. Zumal ich da ja keinen kenne und ich gerade angefangen habe, mich hier einzuleben. 
Naja, Taipeh und Uni wird bestimmt auch toll und ich werde mit Sicherheit viele nette Leuten kennenlernen. Außerdem bin ich hier ja jederzeit willkommen hat man mir versichert. Und ich werde ganz bestimmt schon bald auf dieses Angebot zurückkommen! 
Erstmal muss ich jetzt jedoch im Studium ankommen und in den Uni-Alltag zurückfinden. Ich hoffe, dass ich das alles relativ komplikationsfrei und möglichst schnell hinter mich bringen kann... mal abwarten.

Samstag, 6. September 2014

Tag am Meer

Manch einer wird sich anhand der Überschrift bereits gedacht haben, dass ich wohl heute einen wundervoll entspannten Tag an einem der paradiesischen Strände Taiwans verbracht habe.
Als meine Schwester sagte, wir würden ans Meer fahren, dachte ich das zunächst auch und freute mich schon innerlich sehr darauf. Allerdings verstarb mein letztes Fünkchen Hoffnung auf einen Tag mit Sandstrand und Baden, als wir mit Gummistiefeln, Eimer und Schüppchen bepackt ins Auto stiegen. Außerdem befanden sich lange Überziehärmel und - hosenbeine nebst Kopfbedeckungen und reichlich Wasser im Gepäck. 
Wir fuhren tatsächlich an die Küste. Mitsamt Omma (diesmal mütterlicherseits) und einer Tante mit ihren Kindern; glaube ich zumindest. Fest steht, dass sie Verwandtschaft unbekannten Grades waren! Auf dem Plan stand erstaunlicherweise eine Wattwanderung, inklusive Tourguide, der allerlei Krabbelvieh beim Namen kannte und uns dazu auch immer etwas erzählt hat. 

Leider war mein meeresbiologisches Vokabular noch nicht ausgeprägt genug, um auch nur ansatzweise verstehen zu können, was genau er da von uns wollte. Aber Spaß gemacht hat die Sache trotzdem. Am Ende haben wir zig verschiedene Krebse und Muscheln entdeckt, wobei letztere in einem Eimer und später am Abend auf unseren Tellern landeten. 
Bei näherer Betrachtung der Bilder wird dem ein oder anderen aufgefallen sein, dass ich als Einzige KEINE langen Ärmel oder eine lange Hose trage. Der Grund ist wieder eine der besonderen Eigentümlichkeiten der Taiwanesen; beziehungsweise der Asiaten insgesamt. Hab ich in Thailand auch schon beobachtet. Anders als bei uns ist eine dunkle Hautfarbe nicht etwa ein Zeichen für Gesundheit und Reichtum, sondern bedeutet das genaue Gegenteil. So kommt es, dass die Menschen hier regelrecht "Angst" vor der Sonne haben und sich möglichst bedeckt halten. Ein bisschen mag es vielleicht auch daran liegen, dass die Sonne ziemlich auf der Haut brennt, aber hauptsächlich wollen Asiaten einfach nicht braun werden. Die Kinder haben mich heute diverse Male für bekloppt erklärt und ich musste immer wieder betonen, dass das mit der Hautfarbe in Deutschland genau andersrum ist.
Prinzipiell war die Wattwanderung auch schon das Highlight der letzten beiden Tage. 
Ansonsten ist nichts Besonderes geschehen. 
Außer vielleicht, dass wir gestern eigentlich auch einen Familienausflug unternommen haben, der aber irgendwie ein Schuss in den Ofen war. Ich weiß nicht genau, was der ursprüngliche Plan gewesen ist, aber scheinbar hat es nicht funktioniert. Sonst wären wir nämlich nicht 40 Minuten irgendwo in die Pampa gegurkt, nur um an einer berühmten Gebäckfabrik anzuhalten, auf die Toilette zu gehen und dann wieder zurückzufahren...
Möglich ist, dass wir die Fabrik besichtigen wollten und dass das nicht ging, aber man hat mich nicht aufgeklärt.
Das Tollste an dem Kurzausflug war noch, dass wir an Ananas-Feldern vorbeigefahren sind. Ich hab leider keine Fotos machen können, weil wir nicht angehalten haben. Aber das sah einfach mega cool aus! So groß wie bei uns ein Kornfeld, aber statt Halmen überall Ananaspflanzen (die aussehen wie die Blätter einer Ananas, nur in größer, als Busch quasi) mit Früchten in verschiedenen Reifestadien. 
Und außerdem sind wir noch an einem besonderen Tempel mit einem Buddha für Geschäftsleute vorbeigefahren. Lag wohl auf dem Weg. Meine Zweitmama hat dann da Räucherstäbchen angezündet und für eine geschäftlich und finanziell erfolgreiche Zukunft gebetet. Und sie hat sich einfach mal echtes (!) Geld "vom Buddha geliehen". Keine Ahnung ob die roten Umschläge mit Geld da einfach so rum liegen.. oder ob man wohl erst den Buddha fragen muss und wenn er ja sagt, darf man sich einen nehmen.. Ich fand es jedenfalls irgendwie merkwürdig. Zumal ich mich frage, ob man es tatsächlich irgendwann wieder zurück an den Tempel gibt oder nicht (weil Leihgabe und soo). Oder wo das Geld überhaupt herkommt.
Das hier rechts ist der Tempel von innen. Und auf dem langen Tisch in der Mitte würde ich als eine Art Opfergabe beschreiben. Das ist Papiergeld/-gold und Ähnliches, was man vorher zusammen mit den Räucherstäbchen kauft und dann dort für den Buddah hinstellt. Später wird das "Geld" in einem Ofen verbrannt, damit der Buddha es auch erhält...
Ich denke mal, unsere christlichen beziehungsweise westlichen Gebräuche werden den Leuten hier genauso merkwürdig und fremd vorkommen wie uns das soeben Beschriebene^^
Glücklicherweise steppt heute Abend nicht schon wieder der Bär in meinem Hinterhof. Da ist nämlich auch ein kleiner Tempel, in dem und um den herum die Menschen gestern einfach mal Party gemacht haben. Bis nach Mitternacht. Mit Pauken und lauter Musik, Gesang und Gejubel und natürlich mit Feuerwerkskörpern, die scheinbar auf keinem Tempelfest fehlen dürfen. Nun ja, ich fand die Sache nicht allzu lustig, weil ich heute früh aufstehen wollte.
Das habe ich nach einer Nacht mit wenig Schlaf auch getan, weil mir nämlich gesagt worden ist, dass wir auf den Markt gehen, der normalerweise nur morgens ist und gegen 10 Uhr allmählich schließt. Ich also um halb 7 aufgestanden, geduscht und mich in die Küche gesetzt. Da saß ich dann mit meiner Tasse Kaffee und einem Buch (ist auf Chinesisch und ich erreiche eine rasante Lesegeschwindigkeit von maximal eine halbe Seite pro Stunde).-Um halb zehn kam meine Schwester so langsam angetrudelt und ne Stunde später sind wir losgefahren ... ich glaube, ich multipliziere demächst einfach mit dem taiwanesischen Unpünktlichkeitsfaktor, dann passt das wieder :D 
Entgegen meinen Erwartungen hatte der Markt sogar noch offen und wir haben eine Decke und ein Kissen für mich kaufen können (brauche im für das Wohnheim). Das heißt, Shompoos Mama hat bezahlt und es mir geschenkt. Sehr lieb von ihr^^

So, das wäre nun aber wirklich alles für heute. Morgen wollen wir glaub ich zusammen kochen .. und Montag ist schon Mondfestival. Dann wirds also auf jeden Fall wieder spannend! :)