Freitag, 24. Oktober 2014

Taroko Nationalpark

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Es ist Donnerstag, kurz nach 13 Uhr: Nachdem ich den Vormittag damit zugebracht habe, meine Siebensachen möglichst sinnvoll und platzsparend im Rucksack zu verstauen, stehe ich nun abfahrtsbereit vor dem Wohnheim. Zusammen mit zwei anderen deutschen Mädels ist übers Wochenende eine kurzer Ausflug in den Taroko-Nationalpark 太魯閣國家公園 geplant.  

Dieser erstreckt sich von Hualian 花蓮 an der Ostküste Taiwans über rund 92.000 Hektar ins Landesinnere (siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Taroko-Nationalpark#mediaviewer/File:Taroko-Naional-Park-Map-Taiwan.png ) und war in jedem unserer Reiseführer als ein absolutes Muss vermerkt. Davon mussten wir uns natürlich mit eigenen Augen überzeugen und im Nu waren Pläne für ein richtiges Wanderabenteuer mit Zelt und allem Drum und Dran ausgeheckt.
Unternehmungslustig und in voller Montur bis oben hin bepackt geht es zunächst in Richtung Taipeh Hauptbahnhof, von wo aus wir den Zug nach Hualian nehmen wollen. Knapp dreieinhalb Stunden - und unzählige verwunderte Blicke auf unser ungewöhnliches Aussehen - später steigen wir in Xincheng 新城 aus, einem kleinen Städchen ganz in der Nähe vom Parkeingang. Da es nach 18 Uhr ist, hat der Park bereits geschlossen und anstelle des Shuttle-Busses nehmen wir ein Taxi. Im Schein unserer Taschenlampen schlagen wir auf einer Wiese neben dem Besucherzentrum am Taroko-Haupteingang unser Zelt auf - das wir im Übrigen inklusive dreier Luftmatratzen für gerade einmal 25€ bei einem Geschäft für Campingbedarf geliehen haben.
Nach einer unruhigen Nacht, in der ich aus Angst um unser wild umherflatterndes Außenzelt und wegen der ungewohnten (obwohl ausnahmsweise nicht nervtötendgroßstadtmäßigen) Geräusche kaum ein Auge zugetan habe, werden wir am Freitagmorgen mit strahlendem Sonnenschein geweckt. Auf ein provisorisches Frühstück folgen Zeltabbauen und eine allgemeine Lagebesprechung. Im Besucherzentrum statten wir uns mit Busfahrplan und Wanderkarte aus und dann kann es auch schon los gehen!
Auf dem Weg zur Haltestelle des Shuttle-Busses, der uns in die Mitte des Parks - nach Tianxiang - bringen soll, ziehen wir wieder alle Blicke auf uns. Heimlich oder auch ganz offensichtlich schießt man Fotos. Schließlich sind drei blonde Mädels in Wanderoutfit mit Backpack auf dem Rücken und Zelt im Gepäck DIE Attraktion schlechthin! Insbesondere wenn man bedenkt, dass der durchschnittliche Ottonormaltaiwaner scheinbar ein komplett anderes Verständnis vom Wandern hat als wir Ausländer: In schicker Kleidung, feinen Schuhen und höchstens mit einer Handtasche ausgestattet schließt man sich Reisegruppen an, um die bekanntesten sehenswerten Orte nach und nach abzuklappern. Natürlich nicht ohne ausreichend Beweisfotos geknipst zu haben, um sich später bei Freunden und Kollegen zu brüsten!

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Entsprechend sind die sogenannten "Wanderwege" im gesamten Taroko-Nationalpark in zwei Kategorien aufgeteilt: Entweder sind sie sehr breit, befestigt, tausendfach gesichert und durch zahllose Zäune und Warnschilder gekennzeichnet. Dies sind dann "landschaftliche" Wege. Oder es sind tatsächlich als solche bezeichnete "Wander"-Wege, die zwar weniger Sicherheitsschilder haben, aber größtenteils aus Treppen bestehen.
Abgesehen davon gibt es noch eine dritte Art von Wegen, nämlich kleine Pfade und Trails, die sich durch den (Ur)wald winden und gern auch mal steil einen Berg hinauf führen. Eben solche, die ich persönlich tatsächlich als Wanderweg bezeichnen würde. Die sind für gewöhnliche Wanderer (aus Sicherheitsgründen) gesperrt und man braucht eine spezielle Hochgebirgs-Wandererlaubnis oder einen persönlichen ortskundigen Führer ... nun ja, "andere Länder, andere Sitten" oder wie man so schön sagt. 

Auch wenn das jetzt gerade eher so klang, als hätten wir keinen Spaß gehabt, war es dennoch ein einmaliges Erlebnis! Zwar sind wir nicht unbedingt voll auf unsere Kosten gekommen, was das Wandern anbelangt. Aber der Taroko-Nationalpark ist landschaftlich einfach atemberaubend und wunderschön! 

Am ersten Tag haben wir den Baiyang-Waterfall-Trail gemacht.
Dabei kann ich mich nicht entscheiden, ob mich die Hängebrücke mit den unter ihr liegenden Felsen und Schluchten mehr beeindruckt hat oder doch der Gang durch einen Tunnel mit kleinen, von der Decke kommenden Wasserfällen im Innern.
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Außerdem hatten wir den ganzen Tag über extrem schönes Wetter und haben auf unserer Wanderung die verschiedensten Arten von Schmetterlingen beobachten können. Abends hätte uns für den perfekten Abschluss nur noch ein Feuerzeug oder Streichhölzer gefehlt, weil wir auf unserem Zeltplatz theoretisch die Erlaubnis gehabt hätten, ein Lagerfeuer anzuzünden. Echtes Camping-Feeling kam trotzdem auf, weil es keine Duschen gab und wir uns daher im Freien unter einem Brunnen waschen mussten. Und der Sternenhimmel erst...!
 
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Am zweiten Tag hatten wir Einiges vor, sodass für Samstagmorgen der Wecker auf 6 Uhr eingestellt war. Zu einer solch unchristlichen Uhrzeit aufzustehen war nicht unbedingt einfach, hat sich dafür aber gleich doppelt bezahlt gemacht. Einerseits waren wir vom ersten Trail zurück bevor der Park von Touristenmassen überschwemmt wurde. Andererseits hätten wir wohl kaum die geheimnisvoll in morgendlichen Nebel eingehüllte Landschaft zu Gesicht bekommen, die eine täuschende Ähnlichkeit mit den fliegenden Bergen in Pandora aus dem Film Avatar hatte. Wir konnte also in aller Ruhe unsere traumhaft schöne Umbebung bewundern, ein bisschen wandern (Lushui Trail) und hatten außerdem noch mehr als genug Zeit, Frühstück zu besorgen und das Zelt abzubauen bevor wir uns wieder in Richtung Besucherzentrum am Parkeingang aufgemacht haben. Dort wollten wir nämlich noch eine letzte Wanderung unternehmen und uns gegen Nachmittag auf den Heimweg machen.
Der Haken an unserem wunderbar durchdachten Plan war nur, dass so früh leider noch kein Shuttele-Bus fuhr. Allerdings blieb uns nichts anderes übrig, als uns dennoch mit Sack und Pack an die Straße zu stellen und auf ein vorbeifahrendes Auto oder einen Bus zu hoffen. 
Wir wollten schon beleidigt aufgeben, als das erste Fahrzeug gekonnt unseren ausgestreckten Daumen ignorierte und im Eiltempo vorbeifuhr. Doch keine zwei Minuten später kam es zu unserem Erstauen zurück! Man fragte uns, wo wir denn hinwollten und im nächsten Moment saßen wir auf der Rückbank einer singapurischen Familie mit zwei Kindern, die gerade auf Kurzurlaub in Taroko unterwegs war. Die vierzigminütige Fahrt war ziemlich cool, viel lustiger als Busfahren und dann auch noch kostenlos!
 

        Am Besucherzentrum angekommen haben wir unsere Rucksäcke umgepackt, das schwere Gepäck in die Obhut der Parkwächter gegeben und uns postwendend wieder auf den Weg gemacht. Als nächstes stand der Shakadang-Trail auf unserer Liste, der in die "landschaftliche" Kategorie gehört und entsprechend von Touristen besucht war. Da sich die Natur rund um die Wanderwege im Nationalpark überall ziemlich ähnlich ist, unterschied sich unser Ausblick nicht wesentlich von dem, was wir am Vortag bereits ausgiebig bewundert hatten. Schön war es trotzdem.
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Zumal wir am Ende noch ein bisschen im Urwald rumgewuselt und den Anfang eines anspruchsvolleren Trails (also einen mit Treppen) "gewandert" sind. Außerdem haben wir wieder ganz viele exotische Tierchen entdeckIch wäre auch gern noch einen Tag länger geblieben, aber irgendwann muss man ja auch mal was für die Uni tun ...

Am Samstagnachmittag gegen 16 Uhr beluden wir uns also ein letztes Mal mit all unserem Gepäck und machten uns auf den Weg zum Bahnhof. Von dort sollte es zurück nach Taipeh gehen, jedoch nicht auf direktem Weg, weil wir noch einen Tipp meines Tandempartners ausprobieren wollten. 
Er hatte uns nämlich den Nachtmarkt in Luodong empfohlen, was quasi auf halben Weg nach Hause liegt.  
Das Gepäck konnten wir problemlos am Bahnhof in Schließfächern lassen und nach einem langen Tag mit Wandern und Zugfahren erwies sich der Nachtmarkt als wunderbare Möglichkeit, unseren letzten Abend entspannt ausklingen zu lassen. Mit Pizza im Hörnchen, Zuckerwatte-Küken und pechschwarzen, hornförmigen Nüssen, deren Geschmack an Maroni erinnerten - nur um einige Besonderheiten zu nennen.




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Ich habe vor Kurzem diesen Post bearbeitet und einige Fotos hinzugefügt, die eigentlich nicht von mir sind sondern von einer Freudin. Sie hat nämlich eindeutig eine bessere Kamera als ich und kann auch noch damit umgehen, wie man ja auf den mit Sterchen markierten Fotos deutlich erkennen kann! 
Nachdem wir gegenseitig die Fotos von unserem kleinen Abenteuer ausgetauscht hatten, habe ich einige davon mit ihrem Einverständnis in meinen Blog aufgenommen.
Für diejenigen unter euch, die Interesse daran haben, noch mehr ihrer Bilder anzuschauen, hier ein Link zu ihrem eigenen Blog (der ist allerdings auf Englisch geschrieben)













 

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